Der Amoklauf in Graz hat nicht nur Leben gekostet, sondern auch das Sicherheitsgefühl einer Stadt erschüttert. Zurück bleiben Trauer, Wut und tiefe seelische Narben bei den Hinterbliebenen, den Verletzten, den Augenzeugen – kurz: bei den Opfern. In dieser Zeit des Schmerzes sind Zeichen der Anteilnahme wichtig. Umso mehr zählt es, wie diese Zeichen gesetzt werden. Der Gedenkgottesdienst im Wiener Stephansdom sollte genau das sein: ein Moment des Innehaltens, der Erinnerung an die Toten, ein Raum für Mitgefühl. Doch eine einzelne Geste warf viele Fragen auf – und traf manche besonders hart: Für den Täter wurde ebenfalls eine Kerze entzündet. Was für manche ein Zeichen christlicher Barmherzigkeit ist, bedeutet für andere eine schwere Kränkung. Aus Sicht vieler Betroffener wird durch diese Geste das erlittene Leid relativiert – als stünde der Täter in einem ähnlichen Licht wie jene, die unter seiner Gewalt starben. Diese Gleichsetzung ist schwer auszuhalten, besonders für jene, die Angehörige verloren haben oder selbst betroffen sind. Trauer ist ein intimer, zutiefst persönlicher Prozess. Wer einen geliebten Menschen durch Gewalt verliert, braucht vor allem eines: Raum für Schmerz, für Erinnerung, für Würde. In solchen Momenten kann jede Geste, die den Täter in den Mittelpunkt rückt – sei es auch unbeabsichtigt –, wie ein Schlag wirken. Nicht, weil es keinen Platz für Mitmenschlichkeit gibt, sondern weil das Mitgefühl zuerst jenen gelten sollte, denen etwas genommen wurde. Viele Hinterbliebene empfinden das Entzünden einer Kerze für den Täter nicht als Ausdruck von Versöhnung, sondern als Unverständnis. Es erinnert sie daran, wie schnell in öffentlichen Ritualen Opfer und Täter in einer symbolischen Gleichstellung verschwimmen können – und wie wenig Rücksicht auf die offene Wunde ihrer Trauer somit genommen wird. Es geht nicht darum, ob man für den Täter betet. Es geht darum, wann, wo und in welchem Rahmen man das tut – und was es für jene bedeutet, die unmittelbar von der Tat betroffen sind. Gedenken sollte heilen, nicht neue Schmerzen verursachen. Wenn wir über Menschlichkeit sprechen, dürfen wir nicht vergessen: Sie beginnt mit dem Hinhören. Mit dem Ernstnehmen des Leids. Und mit dem Bewusstsein, dass Gedenken keine neutrale Handlung ist – sondern eine Botschaft an alle, die zurückgeblieben sind.
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