Streit um Ergebnis

Skepsis selbst in venezolanischer Wahlbehörde

Ausland
02.08.2017 15:57

Während in Kürze die am Sonntag in Venezuela gewählte verfassunggebende Versammlung zusammentritt, werden immer mehr Zweifel an dem Wahlergebnis laut, das Präsident Nicolas Maduro als "Erfolg für die Revolution" bezeichnet hat. Selbst einer der fünf Direktoren der Wahlkommission zeigt sich nun skeptisch. "Zum ersten Mal, seit ich diese Pflicht für den Staat übernommen habe, kann ich nicht für die Echtheit der genannten Ergebnisse garantieren", sagte Luis Rondon in einer im Internet verbreiteten Erklärung.

Bereits zuvor hatte die oberste Staatsanwältin des Landes, Luisa Ortega, die Zahlen angezweifelt. "Ich bin absolut sicher, dass diese Zahlen nicht stimmen", sagte sie am Montag. "Was sie bekannt gegeben haben, war eine Verhöhnung des Volkes." Das ist natürlich Wasser auf die Mühlen des rechten Oppositionslagers, das die Wahl von Anfang an als Farce gesehen hat.

Wahlmaschinen-Lieferant spricht ebenfalls von Betrug
Am Mittwochnachmittag gab jene britische Firma, die seit 2004 Wahlmaschinen an Venezuela liefert und diese wartet, bekannt, dass sie ebenfalls von einem manipulierten Ergebnis ausgehe. Smartmatic erklärte, die Zahlen zur Wahlbeteiligung vom Sonntag seien "ohne jeden Zweifel manipuliert" worden. "Selbst in den schwersten politischen Krisen waren wir bisher mit den Wahlvorgängen stets zufrieden. Diese waren auch immer akkurat", hieß es in einer Mitteilung auf der Website des Unternehmens. Doch nun habe man mit Bedauern feststellen müssen, dass die integrierten Kontrollsysteme nicht von Wahlaufsehern berücksichtigt worden seien.

Zwei Oppositionsführer verhaftet
Auch bei vielen lateinamerikanischen Nachbarn Venezuelas, bei den USA und der EU stieß die Abstimmung auf Kritik. Die USA stuften Maduro de facto als Diktator ein und verhängten Sanktionen gegen ihn. Bei gewaltsamen Ausschreitungen am Rande der Wahl waren mehrere Menschen ums Leben gekommen. In der Nacht auf Dienstag wurden außerdem die beiden Oppositionsführer Leopoldo Lopez und Antonio Ledezma festgenommen.

Video: Hier wird Leopoldo Lopez vom Geheimdienst abgeholt

Video: Hier wird Antonio Ledezma festgenommen

Trump: "Maduro persönlich für Schicksal der beiden verantwortlich"
Nach den jüngsten Sanktionen gegen den Ölstaat, die die USA wegen der Wahl verhängt hatten, verschärfen diese Festnahmen die Spannungen zwischen den beiden Ländern erneut. US-Präsident Donald Trump warnte Maduro, dieser sei persönlich für das Schicksal der beiden Oppositionspolitiker verantwortlich. Alle politischen Gefangenen seien sofort freizulassen. Trumps Regierung hält sich auch einen Stopp der Ölimporte offen - das Land ist mit 700.000 Barrel pro Tag größter Abnehmer. Im Monat bezieht Venezuela rund 900 Millionen Dollar (rund 760 Millionen Euro) aus diesen Verkäufen, das ruinierte Land ist dringend auf die Devisen angewiesen.

Lopez hat enge Kontakte zu hochrangigen Politikern in den USA. Marco Rubio, Ex-Präsidentschaftskandidat und Senator von Florida, gehört zu seinen Unterstützern. Vor der Wahl der verfassunggebenden Versammlung telefonierte auch US-Vizepräsident Mike Pence mit Lopez. Im Februar hatte Trump demonstrativ dessen Ehefrau Lilian Tintori im Weißen Haus empfangen. Lopez saß bereits dreieinhalb Jahre im Gefängnis, wurde aber vor der Wahl überraschend am 8. Juli in den Hausarrest entlassen.

Richter suchen Schutz in chilenischer Botschaft
Die Angst, ebenfalls in den Nachtstunden vom Geheimdienst abgeholt zu werden, breitet sich nun zunehmend unter Oppositionspolitikern und auch Richtern aus. Seit Samstag haben drei Richter, die von der Nationalversammlung - dem von der Opposition dominierten Parlament - für Höchstrichterposten gewählt worden waren, in der chilenischen Botschaft in Caracas Zuflucht gefunden. Die Richter seien "Gäste" der Botschaft, bestätigte Chiles Außenminister Heraldo Munoz. Seit Anfang April hält sich auch der venezolanische Oppositionspolitiker Roberto Enriquez in der Botschaft auf. Der Präsident der christlich-sozialen Partei Copei hatte wegen der politischen Umstände in seinem Land um Schutz gebeten.

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