Schadensbegrenzung?

Was der G20-Klimabeschluss wirklich wert ist

Ausland
09.07.2017 16:32

Schadensbegrenzung oder Fortschritt? Seit Donald Trump sein Amt als US-Präsident antrat, lautet die Hauptfrage der internationalen Klimaschutzpolitik: Wie kann verhindert werden, dass die USA einen jahrzehntelang vorangetriebenen Prozess einer zunehmend verbindlicheren Absprache zur Reduzierung von Treibhausgasen gefährden können? Klimaschützer sind damit verständlicherweise nicht glücklich. Und so stellt sich die Frage, wie viel das Abkommen der G20 zum Klimaschutz wirklich wert ist ...

Weil sich die Welt durch neue Akteure in anderen G20-Staaten geändert habe, müsse der Erfolg nicht am Idealziel, sondern daran gemessen werden, was überhaupt noch erreichbar sei, heißt es übereinstimmend in den Delegationen europäischer wie anderer Teilnehmerstaaten. In der EU wird die Kritik von Umweltschützern dennoch geteilt, dass die G20 eigentlich einen Schritt nach vorne hätten gehen sollen.

"Schadensbegrenzung halbwegs erreicht"
"Aber oberstes Ziel war es, das bisher Erreichte erst einmal zu sichern", sagt ein Diplomat. In Hamburg sei es vor allem um Schadensbegrenzung beim Klimaschutz gegangen. Und zumindest dieses Ziel sieht man als halbwegs erreicht an: Alle anderen G20-Staaten außer den USA bekennen sich klar zum Pariser Klimaschutzabkommen, das nationale Ziele zur Verminderung von Treibhausgasen und ein langfristiges Ziel einer kohlenstofffreien Energieversorgung anpeilt. Wie brüchig diese Übereinkunft allerdings ist, zeigte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, als er die noch ausstehende türkische Ratifizierung des Abkommens in Hamburg an Finanzforderungen knüpfte.

Trump will mit Gasverkäufen US-Bilanz aufhübschen
Trump hatte bereits beim G7-Gipfel in Taormina im Mai klargemacht, dass er das Pariser Abkommen nicht unterstützt - und diese Differenz wurde nach seiner formellen Austrittserklärung Anfang Juni in der gemeinsamen Erklärung nun ausdrücklich festgehalten. In Hamburg gab es also an diesem Punkt eine 19:1-Situation - erstmals wurde in einer G20-Erklärung ein Dissens offen beschrieben. Die Partner "nehmen zur Kenntnis", dass die USA aus dem Pariser Abkommen austreten wollen.

Trump will sein Gas an den Mann bringen
In der Erklärung spiegelt sich, dass sich der US-Präsident mittlerweile vor allem als oberster Verkäufer amerikanischen Gases in der Welt sieht, um die US-Handelsbilanz aufzuhübschen. Wohl deshalb haben die USA einen Satz durchgesetzt, anderen Staaten bei der Entwicklung und Nutzung von fossilen Brennstoffen helfen zu wollen, weil dies auch für die Energiesicherheit wichtig sei. Hintergrund ist der US-Versuch, amerikanisches Flüssiggas etwa in Osteuropa als Alternative zu russischem Gas zu verkaufen.

Auch frühere Wackelkandidaten mit an Bord
Die anderen G20-Mitglieder betonen dagegen, "dass das Übereinkommen von Paris unumkehrbar ist". Damit sind auch Wackelkandidaten wie Saudi-Arabien, Russland oder die Türkei mit an Bord. Sie bekennen sich zur "uneingeschränkten Umsetzung", was sich auch auf die Hilfe für ärmere Länder bezieht, Klimaschutzziele zu erreichen.

Türkei für Erdogan kein Industrieland
Der Hinweis auf "differenzierte Verantwortlichkeiten" ist jener Punkt, an dem Erdogan nach Gipfel-Ende ansetzte: Er besteht darauf, dass der Türkei in Paris zugesichert worden sei, dass sie als Schwellen- und nicht als Industrieland eingestuft werde. Das hat Auswirkungen auf die Verpflichtung, wie viel Geld ein Staat für die ab 2020 zugesagten Milliardenhilfen für Entwicklungsländer zahlen muss.

USA bekennen sich immerhin zur Treibhausgas-Reduzierung
Als Erfolg wird auch bei den deutschen G20-Gastgebern gewertet, dass es einen Teil der Abschlusserklärung gibt, den auch Trump mitgetragen hat. Darin bekennt sich selbst der Klimawandel-Skeptiker klar zur nötigen Reduzierung von Treibhausgasen. "Wir bleiben gemeinsam einer Minderung des Treibhausgasausstoßes verpflichtet." Mit dem Begriff "Agenda 2030" wird zudem auf die gemeinsame Verpflichtung gegenüber Entwicklungsländern verwiesen - das gilt also im Prinzip auch für die USA.

Rätselhafte Forderungen von May und Macron
Auffallend war, dass auf dem G20-Gipfel sowohl die britische Premierministerin Theresa May als auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die überraschende Einschätzung äußerten, dass die USA in das Pariser Klimaschutzabkommen zurückkehren könnten. Unklar blieb, ob die US-Regierung hinter den Kulissen bereits auslotet, was dafür nötig ist - oder ob May und Macron bereits auf eine Zeit nach Trump setzen.

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