Im Wembley-Stadion

Brexit-Wahlfinale: Die Nerven liegen blank

Ausland
22.06.2016 07:45

Vor Tausenden Zuschauern im Londoner Wembley-Stadion haben sich am Dienstagabend Befürworter und Gegner eines britischen EU-Austritts kurz vor dem schicksalsträchtigen Referendum einen erbitterten Schlagabtausch geliefert. Die Nerven lagen blank, Vertreter beider Seiten warfen einander in der live im Fernsehen übertragenen Debatte Panikmache vor. Umfragen ergeben noch immer kein klares Bild, wie das Ergebnis bei der Abstimmung am Donnerstag aussehen könnte.

"Ihr verbreitet Lügen und ihr jagt den Leuten Angst ein", rief Londons Bürgermeister Sadiq Khan als Vertreter des Pro-EU-Lagers dem Wortführer der Austrittsbefürworter, Boris Johnson, entgegen. "Das ist Panikmache, Boris, und du solltest dich dafür schämen." Khans Äußerungen bezogen sich auf Warnungen der Austrittsbefürworter, dass ein Verbleib des Landes in der EU zu erheblich mehr Einwanderung führen würde.

Johnson wiederum warf Khan vor, ein "Angstprojekt" zu betreiben und eine übertriebene Furcht vor einem wirtschaftlichen Kollaps des Königreichs im Fall eines EU-Austritts zu schüren. "Ihr sagt, es gehe nicht anders, als sich Brüssel zu beugen", rief Johnson. "Wir sagen, dass ihr dieses Land auf schändliche Weise unterschätzt."

Johnson sagte, die Einwanderung müsse unter Kontrolle gebracht werden - innerhalb der EU sei das nicht möglich. Warnungen vor den wirtschaftlichen Folgen eines Brexit wies Johnson zurück. Jeder wisse, dass etwa ein Fünftel der deutschen Autoproduktion nach Großbritannien gehe. "Glauben Sie wirklich, die wären so verrückt und würden Zölle zwischen Deutschland und Großbritannien einführen?", fragte Johnson. In dem legendären Londoner Stadion waren rund 6000 Zuschauer zu Gast. Die Diskussionsrunde war ausgewogen mit Brexit-Gegnern und -Befürwortern besetzt.

Cameron: Bei Ja zu Austritt "kein Zurück"
Premierminister David Cameron, der für einen Verbleib Großbritanniens in der EU wirbt, war bei der TV-Debatte nicht dabei. Der Regierungschef hatte sich zuvor bereits in einem dramatischen Appell vor seinem Amtssitz Downing Street 10 direkt an die Wähler gewandt: "Für Sie, für Ihre Familie und für die Zukunft unseres Landes, stimmen Sie für Drinbleiben", sagte er. Cameron warnte zugleich: Sollten die Briten bei dem historischen Votum am Donnerstag für einen Austritt aus der EU stimmen, gebe es kein Zurück mehr.

Die letzten Umfragen ergeben weiterhin kein klares Bild über den Ausgang der Abstimmung. Eine am Dienstag veröffentlichte Studie des ORB-Instituts für die Zeitung "Daily Telegraph" ergab 53 Prozent für das Pro-EU-Lager und 46 Prozent für die Brexit-Befürworter. Dagegen sah das Institut YouGov das Brexit-Lager knapp vorn: 44 Prozent von mehr als 1600 Befragten wollten demnach für einen EU-Austritt stimmen, 42 Prozent dagegen.

Die Wahllokale öffnen am Donnerstag um 7 Uhr und schließen um 22 Uhr Ortszeit (23 Uhr MESZ). Mit einem Ergebnis wird Freitagfrüh gerechnet.

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