Anzeigenflut in D

Nach Sex-Attacken: Frauen vor Übergriffen schützen

Österreich
06.01.2016 18:59

Nach den massiven sexuellen Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht, sind in Köln, aber auch in Hamburg, mittlerweile insgesamt mehr als 150 Anzeigen erstattet worden. Jedoch wurden bis Mittwoch lediglich vier Verdächtige identifiziert. In Österreich kursieren seit Bekanntwerden der Übergriffe ähnliche Gerüchte, mit denen Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl im "Krone-"Interview aufräumt. Klar ist: Frauen haben Angst und müssen vor Übergriffen geschützt werden!

"Krone": Herr Präsident Pürstl, wie bewerten Sie die Arbeit der deutschen Kollegen?
Gerhard Pürstl: Dazu kein Kommentar. Die Informationslage ist viel zu diffus, außerdem braucht die Kölner Polizei keine Zurufe aus Wien.

"Krone": Apropos Wien: Hier machen Gerüchte über ähnliche Vorfälle auf dem Riesenradplatz und dem Westbahnhof die Runde. Schon gehört?
Pürstl: Wir leben in einer Social-Media-Welt, in der sich die Gerüchte überschlagen. Mir ist nichts bekannt. Klar ist aber: In Wien waren auch Hunderttausende Menschen unterwegs und die Polizei kann nicht an allen Ecken und Enden stehen. Aber wem etwas zugestoßen ist, soll sich unbedingt melden.

"Krone": Sind Frauen angesichts der aktuellen Gegebenheiten besonders gefährdet?
Pürstl: Wir müssen immer wachsam sein. In unserer Stadt gibt es allerdings keine nennenswerten Vorfälle oder Tendenzen, die mit dem Flüchtlingsstrom in Zusammenhang stehen. Daher besteht kein Grund, Unruhe oder gar Panik zu verbreiten.

"Krone": Also alles unter Kontrolle?
Pürstl: Frauen sollten nachts generell in Begleitung unterwegs sein, Angst-Räume meiden und in Lokalen keine Getränke von Fremden annehmen. Das war früher so und wird auch in Zukunft weiter so sein.

Schon mehr als 150 Anzeigen in Köln und Hamburg
Fast eine Woche nach den massiven Übergriffen auf Frauen wurden in Köln mittlerweile mehr als 100 Anzeigen erstattet, in Hamburg, wo es ebenfalls zu sexuellen Übergriffen kam, über 50. Dutzende Frauen sollen ausgeraubt oder belästigt, zwei vergewaltigt worden sein. Die Kölner Polizei hat zwar eine erste Spur, festgenommen wurde allerdings noch niemand. Gegen vier Verdächtige wird ermittelt, hieß es am Mittwoch. Es gebe "konkrete Hinweise auf vier männliche Tatverdächtige", teilte die Polizei mit.

Augenzeugen und Opfer hatten nach den Übergriffen am Kölner Dom ausgesagt, die Täter seien dem Aussehen nach größtenteils nordafrikanischer oder arabischer Herkunft. Die Polizei spricht trotz der ermittelten Verdächtigen von einer sehr schwierigen Beweisführung. Das liege vor allem an der "Gemengelage" in der Silvesternacht. "Manchmal braucht der Rechtsstaat Zeit. Diese Zeit müssen wir ihm geben", sagte der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Ralf Jäger, dazu.

Justizminister sieht "zeitweiligen Zivilisationsbruch"
Der deutsche Justizminister Heiko Maas bezeichnete die Massenübergriffe in der Silvesternacht in einem Interview indes als "zeitweiligen Zivilisationsbruch". Gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte Maas: "Wenn tausend Menschen sich zu einer enthemmten Horde zusammenfinden und das offenbar so geplant war, dann ist das nicht weniger als ein zeitweiliger Zivilisationsbruch." Derlei rechtsfreie Räume dürften nicht geduldet werden. "Nie wieder dürften Menschen solchen zügellosen Massen schutzlos ausgeliefert sein" betonte der Minister. Die Täter müssten ermittelt und konsequent zur Rechenschaft gezogen werden.

Die Kölner Polizei - die sich heftiger Kritik ausgesetzt sieht, weil sie zu spät auf die aggressive Menschenmenge vor dem Kölner Hauptbahnhof reagiert haben soll und erst zwei Tagen nach den Übergriffen über die Vorfälle informierte - gab mittlerweile zu, überrascht worden zu sein. Der "Bild"-Zeitung schilderte ein 37-jähriger Bereitschaftspolizist: "Wir wurden zum Bahnhof gerufen, weil sich dort eine aggressive Menschenmenge von etwa 400 Leuten aufhalten sollte. Als wir eintrafen, stellten wir fest, dass es deutlich mehr waren."

Nach Mitternacht seien dann immer mehr sexuelle Übergriffe auf Frauen gemeldet worden. "Wenn wir zur Stelle vorgedrungen sind, war niemand mehr da. Wir waren geschockt von den Ausmaßen der Taten. Wir konnten sie leider nicht verhindern", so der Beamte, der vor Ort auch bedroht wurde: "Wenn man einen Verdächtigen ansprach, wurde man sofort von seinen Freunden umringt. Das war bedrohlich."

Innenminister will Abschiebungen vereinfachen
Innenminister De Maiziere forderte indes, dass straffällig gewordene Asylwerber künftig leichter abgeschoben werden können. Derzeit geht das erst ab einer Haftstrafe von drei Jahren. Diese Grenze ist in der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegt und gilt damit auch in Deutschland. "Wir werden darüber zu reden haben, ob das nicht geändert werden muss", sagt der deutsche Innenminister. "Wer schwere Straftaten begeht, in welchem Status auch immer er sich befindet, der muss damit rechnen, aus Deutschland abgeschoben zu werden."

Ähnliches forderte auch Justizminister Maas: "Wenn Asylwerber oder Flüchtlinge solche Übergriffe begehen, ist das ein eklatanter Missbrauch des Gastrechts und kann nur ein sofortiges Ende des Aufenthaltes in Deutschland zur Folge haben."

Kölner Polizei stockt Ermittlergruppe auf
Die Kölner Polizei gab noch am Mittwoch bekannt, ihre Ermittlungsgruppe zu den sexuellen Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht aufzustocken. Laut einem Bericht der "Rheinischen Post" sollen künftig 80 Mitarbeiter der Ermittlungsgruppe die Angriffe auf die Frauen aufklären.

Video: Frauen fordern Aufklärung nach Massenübergriffen in Köln

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