EU tief zerstritten

“Sondergipfel light” soll Flüchtlingskrise lösen

Ausland
17.09.2015 17:00
Brüssel fügt sich nun doch dem Willen von Deutschland und Österreich: Wie EU-Ratspräsident Donald Tusk am Donnerstag mitteilte, wird es nächsten Mittwoch einen Sondergipfel zum Flüchtlingsthema geben, der von beiden Ländern vehement gefordert wurde. Das Treffen beginnt um 18 Uhr, wodurch sich zumindest die Frage stellt, ob es über ein simples Abendessen der 28 Staats- und Regierungschefs hinausgeht. Jedenfalls könnte der Sondergipfel zur letzten Chance vor einer "nuklearen Lösung" der Flüchtlingskrise in der EU werden.

Die EU-Staaten sind über den Umgang mit den Flüchtlingen und ihre Verteilung tief zerstritten. Vor allem die Balten und die Staaten in Mittel- und Osteuropa sperren sich dagegen, per Quote bestimmte Flüchtlingskontingente zugewiesen zu bekommen. Während einige Staaten die Einwanderer einfach durch ihr Land reisen lassen, hat etwa Ungarn seine Grenze vollständig dichtgemacht.

"Nukleare Lösung" per qualifizierter Mehrheit?
Unter "nuklearer Lösung" verstehen politische Analysten eine Entscheidung mit sogenannter qualifizierter Mehrheit. Diese ist laut Lissabonner Vertrag mit einer doppelten Mehrheit erreicht, wenn 55 Prozent der EU-Staaten - also 16 von 28 - zustimmen und sie gemeinsam mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung stellen.

Es wäre also möglich, in der Flüchtlingskrise die zuletzt bremsenden mittel- und osteuropäischen Staaten zu überstimmen. Wie die europäische Ausgabe der US-Zeitung "Politico" aber festhält, wäre diese Vorgehensweise gerade bei der heiklen Thematik der Verteilung von 120.000 Flüchtlingen eher problematisch. Immerhin müssten dann auch Länder, die sich bis zuletzt quergelegt haben, zwangsweise Flüchtlinge aufnehmen und versorgen. Sowohl das Treffen der EU-Innenminister am Dienstag als auch der Sondergipfel am Mittwoch sollen dieses "Worst Case"-Szenario nun noch abwenden.

Deutschland und Österreich setzen Sondergipfel durch
Vor allem Deutschland und Österreich hatten in dieser Sache Druck auf die EU ausgeübt: Erst am Mittwoch hatte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut auf die Einberufung eines Sondergipfels beharrt. Das am Dienstag geplante Treffen der EU-Innenminister sei kein Ersatz für das Treffen der Staats- und Regierungschefs, machte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter in Berlin deutlich.

Themen sollten dabei die bessere Unterstützung der Herkunftsländer der Flüchtlinge, eine bessere Zusammenarbeit mit der Türkei sowie die Einrichtung der geplanten sogenannten Hotspots in Griechenland und Italien sein. In diesen Einrichtungen soll den Flüchtlingen direkt an den Außengrenzen die Registrierung ermöglicht werden. Ohne diese "Hotspots" werde es nicht zu einer Verteilung von Flüchtlingen kommen.

Faymann: "Flüchtlingskrise kann EU gefährden"
Auch Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann pochte bei seinem Besuch in Zagreb am Donnerstag noch einmal in aller Deutlichkeit auf einen Sondergipfel. Zuletzt hatte er bereits davor gewarnt, die Flüchtlingskrise habe "das Potenzial, die EU als Projekt zu gefährden".

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