Schon das erste "Blackguards" war packend erzählt. Da überrascht es wenig, dass sich Daedalic auch beim zweiten Teil eine ebenso fesselnde wie düstere Rahmenhandlung überlegt hat. Star des neuen "Blackguards" ist Cassia, die einstige Gattin des Königs Marwan. Einstig deshalb, weil es zwischen den beiden gekriselt hat und der König seine Holde kurzerhand in ein von giftigen Riesenspinnen bevölkertes Verlies geworfen hat, um die Streitereien zu beenden.
Nach vier Jahren in diesem Verlies gelingt Cassia zu Beginn von "Blackguards 2" endlich die Flucht, allerdings hat die lange Gefangenschaft Spuren hinterlassen. Die Protagonistin von "Blackguards 2" startet nicht nur mit einem durch zu viel Spinnengift entstellten Gesicht, sondern auch noch völlig irre in den neuen Serienableger. Und der einzige halbwegs klare Gedanke, den sie fassen kann, ist der nach Rache an ihrem Exmann, den sie für seine Vergehen um jeden Preis vom Thron stoßen will.
Halunken auf Rachefeldzug
Und hier kommen die Recken aus Teil eins ins Spiel: Sie scharen sich im Spielverlauf um Cassia und werden zum Werkzeug für den Rachefeldzug. Runde um Runde arbeitet der Spieler daran, dem König Ländereien zu entreißen, Heldentruppe und angeheuerte Söldner zu verbessern und dem fiesen Monarchen den Garaus zu machen. Dass Cassia und ihre Gefährten dabei selbst vor Kriegsverbrechen nicht zurückschrecken, verleiht dem Spiel Würze.
Es ist erfrischend, einen Trupp opportunistischer Halunken statt einer edlen Heldengruppe durch das Fantasy-Reich Aventurien zu steuern – vor allem, wenn man in zahlreichen, teils unterhaltsamen, teils aber auch bitterbösen Dialogen mehr über die Hintergründe der einzelnen Charaktere erfährt. Dass man im Spiel immer wieder vor moralisch fragwürdige Entscheidungen gestellt wird, fällt ebenfalls positiv auf.
Klassische Rollenspiel-Mechanik
Spielerisch zeichnet sich Cassias Rachefeldzug durch grundsolide Rollenspielmechaniken aus. Genretypisch gibt's verschiedene Rassen und Klassen, die sich im Spielverlauf der Heldentruppe anschließen. Zauberer, Fern- und Nahkämpfer können mit einem umfangreichen Talentsystem an die eigene Spielweise angepasst und immer weiter aufgerüstet werden.
Mit steigender Erfahrung werden neue Fähigkeiten erlernt, die aber selten sonderlich ungewöhnlich sind. Im Grunde beschränkt sich "Blackguards 2" bei Talenten und Attributen auf das, was man auch aus anderen Genrevertretern kennt. Magier schleudern allerlei Feuerbälle und andere Elementarzauber, Nahkämpfer lernen mächtige Schläge – bei den Fähigkeiten geht das Spiel keine Risiken ein.
Rundenbasierte Kämpfe auf sechseckigen Feldern
Beim Kampfsystem im Grunde auch nicht: Wie schon der erste Teil spielen sich die rundenbasierten Kämpfe von "Blackguards 2" stressfrei, aber knackig. Die in zahlreiche Sechsecke aufgeteilten Karten beherbergen immer wieder nutzbare Elemente oder Fallen, die es zu berücksichtigen gilt. Die einzelnen Züge in den Kämpfen sollten wohlüberlegt sein, damit am Ende ein Sieg herauskommt. Bisweilen handelt es sich bei den Kämpfen um größere Schlachten, bei denen Cassia und ihre Recken auf Söldner als Unterstützung zurückgreifen, mitunter handelt es sich bei den Gegnern um einzelne große Monster.
Schade: Gerade bei weniger anspruchsvollen Kämpfen gegen schwache Gegner offenbart sich, dass das Kampfsystem von "Blackguards 2" langatmig sein kann. Wer nur schnell ein paar Schwächlinge aus dem Weg räumen will, um weiterzukommen, könnte vom Rundensystem mit seinen Aktionspunkten und Zügen nach einer Weile etwas genervt sein. Genre-Fans wird dieser Punkt nicht weiter stören, sie erfreuen sich nach jedem Kampf am Plündern der Gegner und hoffen auf fette Beute in Form von Schätzen und Ausrüstung. Freunde der schnellen Gangart hingegen könnte das Kampfsystem nach einer Weile nerven.
Strategie-Einschlag passt gut ins Spiel
Untypisch für das Rollenspiel-Genre: Neben Cassia und ihren Recken sind in "Blackguards 2" oft etliche Söldner und Soldaten auf dem Schlachtfeld zu finden, die es zu befehligen gilt. Weil die im Gegensatz zur Kerntruppe völlig gesichtslos sind, neigt man dazu, nicht allzu sorgsam mit ihnen umzugehen – ein bisserl wie bei den entbehrlichen Soldaten aus Strategiespielen. Andererseits: Durch die größeren Truppen, die aufeinandertreffen, wird Cassias Eroberungsfeldzug gegen das Königreich ihres Verflossenen auch glaubwürdiger.
Diesem Strategie-Einschlag trägt die Spielmechanik dadurch Rechnung, dass einmal von Cassia und ihrer Truppe eroberte Gebiete nicht automatisch auf ewig in ihrem Besitz bleiben. Es kommt vor, dass eroberte Gegenden im Spielverlauf von der Armee des Königs angegriffen werden und es plötzlich gilt, sie zu verteidigen. Das macht das Spiel weniger linear, passt aber gut zum Thema Rachefeldzug.
Stilsichere Optik, sehr gute Vertonung
Optisch überzeugt "Blackguards 2" durch ein stimmiges Gesamtbild, Grafikwunder sollte sich der Spieler jedoch nicht erwarten. Charaktere, Gegner und die Gebiete sind mit viel Liebe zum Detail designt, wodurch es immer etwas zu entdecken gibt. Die leichte Polygon-Armut von "Blackguards 2" kaschieren die Entwickler geschickt durch den düsteren Look, in dem das ganze Game gehalten ist. Auch ansehnliche Lichteffekte sind vorhanden. Prädikat: stilecht, durch Verzicht auf überbordenden Detailreichtum aber auch angenehm hardwareschonend. Kleiner Schwachpunkt: Die Kamera tut nicht immer, was man will.
Die Vertonung passt ebensogut ins Gesamtkonzept wie die Optik. Der Soundtrack ist unaufdringlich und abwechslungsreich, untermalt das Game jederzeit stimmig. Großes Lob gebührt Daedalic für die Auswahl der Sprecher. Die machen ihre Sache richtig gut, verleihen den Charakteren glaubwürdige Stimmen und tragen so erheblich zur Atmosphäre des Spiels bei. Ebenfalls gut gelungen: die Soundeffekte, die es bei den Kämpfen zu hören gibt.
Fazit: "Blackguards 2" ist ein gelungenes Taktikrollenspiel mit Strategie-Elementen, das vor allem Fans rundenbasierter Kämpfe und düsterer Fantasy-Spielwelten lang in seinen Bann ziehen wird. Es bietet für viele Stunden anspruchsvolle Unterhaltung und bleibt vor allem durch seine vielschichtigen, verrückten und bösen Protagonisten in Erinnerung. Für Rollenspieler, Taktiker und Strategen ist das Game trotz teils langatmiger Kämpfe und gelegentlicher Kamera-Probleme einen näheren Blick wert – vor allem angesichts des günstigen Preises. Die Standardversion ohne Soundtrack, Poster oder Artbook gibt's schon für 15 Euro.
Plattform: PC
Publisher: Daedalic Entertainment
krone.at-Wertung: 8/10
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