Extremisten in Haft

Terrorzellen hinter Gittern: Libanon in Gefahr

Ausland
14.01.2015 16:04
Es sind Szenen, wie man sie höchstens aus Filmen oder TV-Serien kennt: ein ganzer Gefängnistrakt unter Kontrolle islamistischer Extremisten, die dort die Scharia, das islamische Recht, anwenden. Dazu Wärter, die sich nicht mehr in die Nähe der Zellen trauen - und Gefangene, die über Handys und Internet Terroraktionen abstimmen und den Drogenhandel im Land kontrollieren.

So beschreiben lokale Medien die Lage im Roumieh-Gefängnis, der größten Haftanstalt des Libanons. Sicherheitskräfte hatten dort am Montag den berüchtigten "Trakt B" geräumt. Der neunstündige Polizeieinsatz erfolgte drei Tage nach einem Selbstmordanschlag in der nordlibanesischen Stadt Tripolis, bei dem neun Menschen ums Leben kamen und mehr als 30 Menschen verletzt wurden. Laut den Sicherheitsbehörden wurde der Anschlag aus dem Gefängnis heraus organisiert.

Gefängnis ist wie ein "Fünf-Sterne-Hotel"
Ein Ex-Häftling, der wegen Drogendelikten fünf Jahre im Gefängnis saß, bezeichnete den Trakt als "Fünf-Sterne-Hotel". "Wir konnten unsere eigenen Handys benutzen, ich hatte sogar einen Laptop und 24-Stunden-Internet", sagte der Mann, der anonym bleiben wollte, gegenüber der deutschen Nachrichtenagentur dpa. Islamisten hätten diesen Teil des Gefängnisses komplett unter ihrer Kontrolle gehabt. Sie sollen sogar eine Folterzelle eingerichtet haben.

Die Haftanstalt in den Bergen über der Hauptstadt Beirut ist seit Jahren hoffnungslos überfüllt. 1970 für rund 3.000 Insassen gebaut, saßen zuletzt nach unterschiedlichen Angaben zwischen 5.500 und 8.000 Gefangene ein, darunter 300, die von der libanesischen Regierung als "Terroristen" bezeichnet werden.

Legende des Roumieh-Gefängnisses beendet?
Immer wieder gab es Ausbruchsversuche, Ausschreitungen und Hungerstreiks. Nach der Flucht von fünf Insassen im Jahr 2011, die sich mit Bettlaken in den Außenhof abgeseilt hatten, wurde nach Informationen der Zeitung "An-Nahar" aufgedeckt, dass Sicherheitsleute mit den Flüchtenden kooperiert hatten und die Überwachungskameras seit einem Jahr nicht mehr funktionierten.

Doch mit diesen Zuständen soll nun Schluss sein. "Wir haben die Legende des Roumieh-Gefängnisses beendet", sagte der libanesische Innenminister Nouhad Machnouk nach der Razzia.

Politisch war die Razzia höchst umstritten. Noch immer halten nämlich radikale Gruppen wie die Al-Nusra-Front, ein Ableger des Terrornetzwerkes Al-Kaida, und die dschihadistische Terrormiliz Islamischer Staat 25 libanesische Soldaten in ihrer Gewalt. Vier Armeeangehörige wurden laut Medien bereits geköpft. Und eine der Hauptforderungen der Dschihadisten ist angeblich die Freilassung ihrer Kämpfer aus dem Roumieh-Gefängnis.

Syrien-Konflikt als große Gefahr für den Libanon
Obwohl im Nachbarland Syrien seit fast vier Jahren ein Bürgerkrieg tobt, konnte der Libanon seine Stabilität bisher weitestgehend bewahren. Dabei greift der blutige Konflikt in Syrien auch immer wieder auf das Grenzgebiet zum kleinen Mittelmeerstaat über, so dass es auch im Libanon zu Gewalt von syrischen Gruppen kommt. Zudem hat das Land mehr als eine Million Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen. Die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah kämpft außerdem aufseiten des syrischen Regimes gegen die Rebellen.

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