Am Nationalfeiertag

Demokratie-Demos in Hongkong weiten sich aus

Ausland
01.10.2014 06:54
Die Proteste in Hongkong überschatten am Mittwoch die Feiern zum chinesischen Nationalfeiertag. Tausende Menschen haben in der Nacht dem heftigen Regen in der chinesischen Sonderverwaltungsregion getrotzt. Die Demonstrationen weiteten sich inzwischen auf das populäre Einkaufsviertel Tsim Sha Tsui auf der Halbinsel Kowloon aus, das auch bei Touristen sehr beliebt ist. Am Nationalfeiertag werden wieder Zehntausende auf den Straßen erwartet, um mehr Demokratie in der früheren britischen Kronkolonie zu fordern.

Mit einem Schweigeprotest begleiteten die Demonstranten die morgendliche traditionelle Flaggenzeremonie, während Regierungschef Leung Chun Ying und Ehrengäste bei einem offiziellen Empfang mit Sektgläsern auf den Feiertag anstießen. Demonstrativ wandten Studentenführer Joshua Wong und andere Aktivisten der Zeremonie den Rücken zu, als die Flaggen Chinas und Hongkongs gehisst wurden. Die Demonstranten hielten schweigend die Hände über dem Kopf gekreuzt.

Studenten stellten Regierung Ultimatum
Die Studenten haben der Regierung ein Ultimatum bis Donnerstag gestellt, um ihre Forderungen nach dem Rücktritt des Regierungschefs und einer Rücknahme der Pläne für eine nur begrenzte Wahlreform zu erfüllen. Ansonsten drohen sie damit, ihre Proteste noch auszuweiten, zu einem Arbeiterstreik aufzurufen oder ihre Aktionen zu verschärfen, indem sie ein Regierungsgebäude besetzen.

Bei der Zeremonie verteidigte Regierungschef Leung den Beschluss des Volkskongresses in Peking für direkte Wahlen 2017 in Hongkong, bei denen die Kandidaten für das Amt des Regierungschefs aber nicht frei nominiert werden dürfen. "Allgemeine Wahlen abzuhalten ist besser als überhaupt keine allgemeinen Wahlen zu haben", sagte Leung. "Wohlstand und Stabilität in Hongkong in der Zukunft zu wahren, ist ein wichtiger Teil des 'Chinesischen Traumes'", sagte Leung unter Hinweis auf die Leitideologie von Staats- und Parteichefs Xi Jinping.

"Ein Land, zwei Systeme"
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief zur Zurückhaltung auf. Die Proteste seien eine innere Angelegenheit, doch dränge er alle Verantwortlichen, "Differenzen auf eine Weise zu lösen, die friedlich ist und demokratische Grundsätze wahrt". Seit der Rückgabe 1997 an China wird die ehemalige britische Kronkolonie nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" als eigenes Territorium autonom regiert. Zudem genießt die asiatische Hafenmetropole Presse- und Meinungsfreiheit.

Die Proteste waren über Nacht weiter friedlich verlaufen, während sich die Polizei zurückhielt, um Konfrontationen wie in der Nacht auf Montag zu verhindern. Heftiger Regen dünnte die Scharen etwas aus. Tausende blockierten aber am Morgen weiter wichtige Straßen in mehreren Stadtteilen. Das große Feuerwerk zum Nationaltag, den die sieben Millionen Hongkonger mit zwei arbeitsfreien Tagen begehen, wurde abgesagt.

Radikale Zensur und Hacker-Attacken
Die chinesische Zensur unternahm weiter große Anstrengungen, um die Verbreitung von Nachrichten aus Hongkong in der Volksrepublik zu unterbinden. Der Satellitenempfang des amerikanischen Senders CNN und der britischen BBC wurde gestört, wenn Berichte zu Hongkong kamen. Erstmals wurde am Mittwoch auch die Webseite der englischsprachigen Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" geblockt. In Chinas sozialen Medien werden massenhaft Kommentare zu Hongkong gelöscht. Twitter, Facebook oder YouTube sind in China ohnehin immer gesperrt.

Zudem werden Experten zufolge die Mobiltelefone der Demonstranten in Hongkong offenbar gezielt mit einer Schadsoftware aus China angegriffen. Das Sicherheitsunternehmen Lacoon Mobile Security berichtete am Dienstag von einem Trojaner mit dem Namen "Xsser", der gegen Handys und Tablet-Computer mit dem Apple-Betriebssystem iOS gerichtet sei. Die Angreifer seien mit dem Programm in der Lage, Daten wie SMS, Fotos und Passwörter zu stehlen.

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