Über 90 Prozent der Parkinson-Patienten leiden unter Schlafstörungen. Diese stellen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Angehörigen oder pflegenden Personen eine erhebliche Belastung dar. Ein Experte erklärt Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten.
Viele Patienten mit Parkinson erleben unterschiedliche Schlafprobleme, wie Einschlafschwierigkeiten, nächtliches Erwachen oder unruhige Beine (Restless-Legs-Syndrom). Bei einigen treten sogenannte REM-Schlaf-Verhaltensstörungen auf, bei denen Betroffene ihre Träume ausleben und dabei schreien, treten oder um sich schlagen, ohne es zu merken.
Vielfältige Ursachen
Die Probleme stehen im Zusammenhang mit den degenerativen Veränderungen des Gehirns, wie Prim. Prof. Priv.-Doz. Dr. Stefan Seidel, Ärztlicher Direktor der Klinik Pirawarth (NÖ), berichtet. „Einerseits werden sie durch die Parkinson-Erkrankung selbst verursacht, andererseits aber auch durch die Medikamente hervorgerufen oder verstärkt“, erklärt der Neurologe. So kann beispielsweise eine hoch dosierte Parkinson-Therapie die Tagesschläfrigkeit erhöhen. „Schläft der Patient am Tag, führt das häufig zu Schwierigkeiten beim Einschlafen in der Nacht“, so Dr. Seidel.
Ein häufiges Begleitsymptom bei Parkinson ist auch eine Störung der Harnblasenfunktion. Müssen die Patienten nachts öfter auf die Toilette, wird der Schlafrhythmus unterbrochen und eine erholsame Nachtruhe behindert. „Schlafapnoe, bei der die Atmung während des Schlafes mehrmals aussetzt, geht mit einigen Faktoren einher, die auch auf Parkinson-Patienten oft zutreffen, wie Alter über 60 Jahre, männliches Geschlecht und Übergewicht.“
Gegenstand der Forschung ist die REM-Schlaf-Verhaltensstörung, wie Doz. Seidel weiter ausführt: „Diese Symptome treten oft schon 10–15 Jahre vor den klassischen Parkinson-Symptomen auf und sind daher wichtig für die Früherkennung. Das Ausleben von Trauminhalten kann jedoch zur Verletzung des Patienten selbst oder des Partners führen. Bei relevanter Gefährdung stehen wirksame Medikamente zur Verfügung.“
Bei Parkinson-Therapie beachten
Im Rahmen der Therapie der Erkrankung wird der Fokus vor allem auf die Funktionalität tagsüber gelegt, wie der Neurologe erläutert. „Doch die neurologische Erkrankung umfasst nicht nur die Wachzeit, sondern 24 Stunden. Werden zum Beispiel bestimmte Medikamente, die gegen Dyskinesien, d.h. unwillkürliche, übermäßige Bewegungen, helfen, zu spät eingenommen, kann dies Schlaflosigkeit begünstigen.“
Eine Verhaltensstörung, die bei Parkinson oft auftritt, ist das sogenannte Punding. Dabei beschäftigen sich Betroffene intensiv mit Tätigkeiten wie Handarbeiten oder Basteln. Die Hobbys werden dann auch bis spät in die Nacht ausgeführt, wodurch Schlafqualität und -dauer leiden.
Beschwerden abklären lassen
Erste Anlaufstelle bei Schlafproblemen ist der Hausarzt. Dieser kann mögliche Ursachen abklären bzw. feststellen, ob eine Verbesserung der Schlafhygiene bereits Erleichterung bringt. Doz. Seidel: „Eine Schlafstörung unbedingt auch mit dem behandelnden Neurologen besprechen. Mitunter müssen Medikamente angepasst oder auf eine kontinuierliche Verabreichung der Wirkstoffe mittels Pumpentherapie umgestellt werden.“
Die Behandlung einer Schlafstörung (Insomnie) umfasst medikamentöse und nicht-medikamentöse Ansätze. Neben Einhaltung der allgemeinen Schlafhygiene (Raum nicht zu stark heizen, abdunkeln) oder Entspannungstechniken helfen auch Verhaltenstherapien. „Dazu zählt, das Schlafen tagsüber zu vermeiden sowie die Bettliegezeit schrittweise zu verkürzen (Schlafkompression), um das Einschlafen zu erleichtern und die Schlafqualität zu verbessern“, so der Experte. Bei Bedarf können wirksame Schlafmittel eingesetzt werden.
Rolle von Dopamin und Melatonin
Der Dopaminmangel bei Parkinson stört die Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Diese erfolgt durch die Botenstoffe Dopamin und Melatonin, die in gegenseitiger Wechselbeziehung stehen. Dopamin wird tagsüber ausgeschüttet und hemmt die Freisetzung des Schlafhormons Melatonin. Dadurch bleibt man wach und aktiv. Wird nun zu wenig Dopamin produziert, funktioniert die Hemmung von Melatonin am Tag nicht, wodurch Betroffene in der „Wachphase“ zunehmend müde sind und dann nachts nicht schlafen können.
Verstärkt wird die Situation noch bei älteren Patienten, da im Laufe der Jahre die Melatoninproduktion in der Nacht kontinuierlich sinkt. Melatonin ist jedoch wichtig, um schläfrig zu werden und fördert den Übergang in den Tiefschlaf. „Hier können sog. chronotherapeutische Maßnahmen helfen. Dazu zählen die Einnahme von Melatonin-Präparaten abends und die Anwendung von hellem Licht morgens“, so Doz. Seidel.

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