Österreich erholt sich langsam, die Wirtschaft wächst wieder leicht. Trotzdem fordern die Ökonomen von WIFO und IHS umfassende Reformen – etwa bei Arbeitslosenversicherung und Grundsteuer –, um strukturelle Probleme zu lösen und den Standort nachhaltig zu stärken.
Bei der Präsentation der Konjunkturprognose für die Jahre 2025 und 2026 am Dienstag vom Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) und dem Institut für höhere Studien (IHS) war die Stimmung zur Wirtschaftslage des Landes verhalten. Dennoch gibt es Grund, aufzuatmen, denn: Der längste Wirtschaftsabschwung der Zweiten Republik scheint Geschichte zu sein.
Wachstum und Arbeitslosenquote als Lichtblicke
Die Konjunkturprognose für das laufende Jahr wurde leicht angehoben. Während im Sommer die Wirtschaftsexperten noch von einem Nullwachstum bzw. einem „Mini“-Plus von 0,1 Prozent ausgingen, wird nun ein Plus von 0,3 bzw. 0,4 Prozent und für das kommende Jahr 0,9 Prozent mehr erwartet.
Die 2020er Jahre erklärte Felbermayr zur „verlorenen Dekade“ – von 2019 bis 2029 gibt es null Zuwachs zum realen BIP/Kopf. Jetzt sollte Österreich durch entsprechende Reformen wieder nach vorne kommen.
Ökonom Josef Baumgartner vom WIFO sieht den erwarteten Rückgang der Arbeitslosenquote als positives Zeichen, spricht aber auch von Problemen bei der Integration von Migranten, im Bildungssystem, am Arbeitsmarkt und bei der Beschäftigung älterer Menschen.
Ohne Reformpartnerschaft geht es nicht
„Es ist Zeit für eine breite Reformpartnerschaft im Land.“ Das bedeute laut Felbermayr, „dass Projekte angegangen werden, bei denen viele Gewinner entstehen und beispielsweise ungerechter Missbrauch eingedämmt wird.“ Der Kollektivvertragsabschluss der Metaller zeige, dass es möglich sei, das Land und den Wirtschaftsstandort in den Vordergrund zu rücken.
WIFO will Bodenwertsteuer
Vorschläge zu Reformen kamen unter anderem zum Thema Arbeitsmarkt. Das „Ein-Monats-Experience-Rating“-Modell soll beispielsweise das kurzfristige Parken von Beschäftigen in der Arbeitslosigkeit verringern, Arbeitgeberbeiträge senken und so Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik freimachen. Außerdem sprach sich das WIFO für die Einführung einer Bodenwertsteuer aus. Diese würde die Bautätigkeit ankurbeln. Eine zusätzliche Reform der Grundsteuer soll zudem die Gemeinden entlasten, indem die Beträge angepasst werden.
Wirtschaftliche Erholung durch privaten Konsum
Die wirtschaftliche Erholung des Landes werde vom privaten Konsum getragen, denn der Warenaußenhandel sei im laufenden Jahr noch rückläufig, erklärte das WIFO. Die konjunkturelle Dynamik dürfte 2025/2026 „deutlich hinter früheren Erholungsphasen“ zurückbleiben, erwartet das IHS und verwies auf „die verhaltene internationale Konjunktur und heimische Strukturprobleme“. Im Jahr 2023 schrumpfte das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Österreich um 0,8 Prozent und 2024 um 0,7 Prozent.
Nach den Rekord-Inflationsjahren 2022 und 2023 mit 8,6 Prozent und 7,8 Prozent sank die Teuerung 2024 auf 2,9 Prozent. Die von WIFO und IHS erwartete Seitwärtsbewegung bei der Inflation ist heuer aber nicht eingetreten, beide Institute rechnen nun für das laufende Jahr mit 3,5 Prozent. In den letzten Monaten hätten die Lebensmittelpreise „kräftig zugelegt“ und entgegen den Erwartungen habe der Preisauftrieb bei den lohnkostenintensiven Dienstleistungen nicht nachgelassen, so das IHS. Im kommenden Jahr prognostizieren WIFO und IHS einen Rückgang der Teuerung auf 2,4 Prozent.
Das WIFO veröffentlichte mit der Kurzfrist-Konjunkturprognose erstmals zeitgleich auch die Mittelfristprognose. Das reale BIP-Wachstum im Zeitraum 2026 bis 2030 soll im Durchschnitt 1,1 Prozent pro Jahr betragen. Die österreichische Wirtschaft dürfte laut WIFO mittelfristig um 0,25 Prozentpunkte schwächer wachsen als der Durchschnitt der Eurozone.
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