Tränen, Jubel – und heftige Vorwürfe: Am Dienstag kehrten drei der vier österreichischen Aktivisten, die an der „Global Sumud Flotilla“ Richtung Gaza teilgenommen hatten, wieder nach Österreich zurück. Am Bahnhof Wien Meidling wurden sie von Unterstützern empfangen. Der vierte Aktivist machte sich indes auf den Weg nach Frankfurt, um dort an einer Demo teilzunehmen.
Unter den Rückkehrern befand sich auch der ehemalige Schirennläufer Julian Schütter aus Schladming. Er schildert drastische Szenen aus der israelischen Haft: „Wir sind als Terroristen beschimpft und auch so behandelt worden. Wir mussten in der Nacht stundenlang am Boden sitzen, mit den Händen hinter dem Rücken mit Kabelbindern gefesselt, uns wurde medizinische Versorgung und 25 Stunden lang Wasser verweigert. Auf mehrmaliges Fragen nach einem Arzt kam die Antwort: Wir haben keinen Doktor für Tiere.“ Weiters berichtet der Aktivist von „Misshandlungen und Folter“.
In einem Instagram-Posting berichtet Julian Schütter über Folter und Misshandlung während ihrer Entführung und Gefangenschaft:
Auch andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Hilfsflotte berichteten bereits von ähnlichen Erfahrungen. So sprach etwa Greta Thunberg von „Misshandlungen“ in israelischer Haft. Aktivisten aus Italien berichteten von „psychischer wie physischer Gewalt“.
Auf mehrmaliges Fragen nach einem Arzt kam die Antwort: Wir haben keinen Doktor für Tiere.
Julian Schütter
Vorwürfe seien „dreiste Lügen“
Israel weist die Anschuldigungen entschieden zurück. Das Außenministerium in Jerusalem bezeichnete die Vorwürfe, Thunberg und weitere propalästinensische Aktivisten seien harsch behandelt worden, als „dreiste Lügen“. Der rechtsextreme Polizeiminister Itamar Ben-Gvir erklärte hingegen offen, er sei „stolz, dass wir die ,Flotten-Aktivisten‘ wie Terrorunterstützer behandeln“. In einer Mitteilung Ben-Gvirs hieß es weiter: „Wer Terror unterstützt, ist ein Terrorist und verdient die Bedingungen, die Terroristen zustehen.“
Scharfe Worte kommen auch aus den Reihen der österreichischen Aktivisten. Sie werfen dem Außenministerium mangelnde Unterstützung vor.
„Die richtige Reaktion wäre gewesen, die illegalen Handlungen von Israel öffentlich zu verurteilen und dann alles daranzusetzen, die Bürger:innen wieder unversehrt ins Land zu bringen. Wir warten bis heute noch auf eine offizielle Stellungnahme des BMEIA zu dem Umgang mit den vier Aktivist:innen“, erklärte Marlene Engelhorn, ebenfalls Teil der österreichischen Delegation, in einer Aussendung.
Ankunft der österreichischen Gaza-Aktivisten in Meidling:
Engelhorn selbst war ursprünglich für die Fahrt nach Gaza eingeplant, entschied sich aber nach eigener Aussage aus strategischen Gründen, in Wien zu bleiben.
Ministerium wirft Vorwürfe zurück
Das Außenministerium wies die Vorwürfe am Dienstagnachmittag zurück. Gegenüber der APA betonte man, dass man in allen öffentlichen Stellungnahmen darauf hingewiesen habe, „die israelische Seite mehrmals aufgefordert zu haben, im Einklang mit seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen zu handeln: mit größtmöglicher Zurückhaltung, unter Beachtung von Verhältnismäßigkeit und Vorsichtsgrundsatz sowie unter voller Achtung der Sicherheit und Menschenrechte der teilnehmenden Österreicherinnen und Österreicher“.
Zudem sei das Außenministerium durchgehend in engem Kontakt mit den israelischen Behörden gewesen, um die Österreicher auf der Gaza-Flottille bestmöglich konsularisch zu unterstützen.
500 Teilnehmer aus 40 Ländern festgesetzt
Nach Angaben der „Global Sumud Flotilla“ nahmen rund 500 Aktivisten aus über 40 Ländern an der Hilfsfahrt teil. Die israelische Marine hatte vergangene Woche das letzte der 42 Boote gestoppt. Mehr als 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden festgesetzt und nach Israel gebracht, wo sie nach und nach abgeschoben werden sollen.
Ziel der Flotte war es, den notleidenden Menschen im Gazastreifen Lebensmittel und Medikamente zu bringen. Israel und Ägypten blockieren das Gebiet seit Jahren, um zu verhindern, dass Waffen an die Hamas gelangen. Ein Angebot Israels, die Hilfsgüter über den Hafen Ashdod in den Gazastreifen zu liefern, lehnten die Organisatoren der Flotte ab.
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