Empörung in Polen
Kunststudent provoziert mit Vergewaltigungs-Statue
Jerzy Bohdan Szumczyk geht noch auf die Kunstakademie, doch schon jetzt sorgte der polnische Student mit einer Nacht- und -Nebelaktion für Schlagzeilen. Dem 26-Jährigen könnten im Falle einer Anklage wegen Aufstachelung zum Völkerhass auch bis zu zwei Jahre Haft drohen.
Szumczyks Betonskulptur "Komm, Frau" zeigt einen Soldaten der Roten Armee, der eine schwangere Frau zu vergewaltigen versucht. Zusammen mit Freunden hatte der Student das Hunderte Kilogramm schwere Mahnmal am vergangenen Wochenende neben einem sowjetischen Panzer in der Danziger Siegesallee aufgestellt und einen Sturm der Empörung ausgelöst.
Russischer Botschafter: "Soldatenehre verletzt"
Der russische Botschafter in Warschau, Alexander Alexejew, zeigte sich in einer Stellungnahme empört: Das sei keine Kunst, sondern ein Sakrileg, das die Ehre der 600.000 sowjetischen Soldaten verletze, die für die Freiheit Polens gefallen seien, protestierte er. "Die vulgäre Skulptur verletzt nicht nur die Gefühle der Russen, sondern aller vernünftigen Menschen, die sich daran erinnern, wem sie die Befreiung von der Nazi-Besatzung verdanken."
Kommentar aus Russland gießt Öl ins Feuer
Zumindest der letzte Satz dürfte bei vielen Polen gemischte Gefühle wachrufen. Denn die Westverschiebung Polens mit der erzwungenen Aussiedlung der Menschen aus den einstigen ostpolnischen Gebieten im heutigen Litauen, in Weißrussland und in der Westukraine wurden in Polen nicht gerade als Akt der Befreiung gewertet.
Künstler begründet: "Wahrheit soll gezeigt werden"
Seine Skulptur solle "die Wahrheit zeigen", begründete Szumczyk seine Kunstaktion. "Mir ging es um die Tragödie dieser Frauen, um das ganze Leid." Die Akademie der schönen Künste distanzierte sich von Szumczyk: "Er hat das auf eigenes Risiko und ohne Wissen der Hochschule gemacht."
Heftige Diskussion entbrannt
In Medien und Internetforen wird seit dem Kunst-Zwischenfall jedenfalls heftig diskutiert. "Das ist keine Beleidigung russischer Soldaten, sondern ein stummer Schrei der Opfer", hieß es in einem dieser Kommentare. In anderen wird daran erinnert, dass es sexuelle Gewalt auf allen Seiten und nicht nur im Zweiten Weltkrieg gegeben habe. In der Tat wurde und wird Vergewaltigung in vielen Konfliktgebieten als Kriegswaffe eingesetzt - sei es im Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien oder im Ostkongo.
Kritisch zeigte sich am Donnerstag auch Marek Gorlikowski in einem Kommentar der "Gazeta Wyborcza": "Geschichte ist nicht so einfach wie ein Denkmal im realsozialistischen Stil." Ein angemessenes Mahnmal für die Opfer sexueller Gewalt und andere Opfer der Zivilbevölkerung müsse noch errichtet werden. Nächtliche Aktionen seien aber der falsche Weg.
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