Zugegeben, die Befürchtung hatten wir schon zu Beginn von "Dark", genau genommen gleich beim Intro. Unser Protagonist, Eric Bane, wacht völlig gerädert und ohne Gedächtnis in einer Bar auf. Der Grund: Nein, er hat nicht zu tief ins Glas geschaut, sondern ist Opfer eines Vampirs geworden – zumindest, wenn er den Ausführungen der Kellnerin glauben darf, bei der er Antworten sucht.
Dummerweise weiß er nicht mehr, von wem er gebissen wurde – und diese Info bräuchte er dringend, weil er den Übeltäter zur Strecke bringen und dessen Blut trinken muss, um nicht in einen hirnlosen Guhl verwandelt zu werden.
Glücklicherweise hat die Dame an der Bar die rettende Idee: Einfach ein paar mächtige alte Vampire zur Strecke bringen und deren Blut trinken – vielleicht ist ja der richtige darunter, vielleicht hilft's auch so. Erzählt wird das ganze recht emotionslos – Gefühlsregungen zeigt Eric jedenfalls keine, als ihm erklärt wird, wozu er in jener Nacht gemacht wurde.
Gegner austrinken bringt Vampir-Energie
Und das war's auch schon mit den Informationen zum Start. Sofort nach dem Intro und einem kurzen Tutorial schleicht und kämpft sich Eric durch die Levels, arbeitet sich an Gegnerhorden vorbei zu den Supervampiren und labt sich an deren Blut.
Dieses Prozedere wiederholt sich im Verlauf der recht faden Handlung mehrfach, unterbrochen von Dialogen mit mehreren Antwortmöglichkeiten und einem Skill-System, in dem man immer stärkere Vampirfähigkeiten freischalten darf.
So lernt Eric etwa, wie er seine Vampirsicht nutzt, um Gegner auch durch Hindernisse hindurch zu erspähen, und wie er sich mit seinen Blutsauger-Tricks unbemerkt an Gegner heranteleportiert oder sie von Weitem verwirrt. Die Vampir-Tricks kosten Blut, man tut also gut daran, Gegner nicht einfach nur auszuschalten, sondern auch auszutrinken.
An der Gegnermasse beißt man sich die Zähne aus
Apropos Gegner: Davon gibt es in manchen Levels verdammt viele, was stellenweise zu Frust-Passagen führt, an denen man sich regelrecht die Zähne ausbeißt. Dass die teils menschlichen, teils blutsaugenden Kontrahenten nicht die Hellsten sind, kommt dem Spieler da zwar entgegen, nimmt dem Spiel aber auch viel vom eigentlich gewollten Schleich-Feeling. Beispiel gefällig? Die zu bekämpfende Brut sieht offenbar nicht durch Glas, hat uns im Test dafür mehrfach auf wundersame Weise entdeckt, obwohl wir uns eigentlich im Verborgenen aufhielten oder hinter dem Gegner standen.
So läuft das Spiel darauf hinaus, von Deckung zu Deckung zu schleichen und einen Gegner nach dem anderen zu beseitigen, bevor man sich dem nächsten erschreckend zahnlosen Vampirboss stellt. Allzu viel Abwechslung darf man sich dabei nicht erwarten, letztlich verbringt man relativ viel Zeit damit, zu warten, dass sich ein Gegner an eine bestimmte Position bewegt, um ihn auszuschalten. Erstaunlich: Während die Gegner herumballern, wenn sie Eric entdecken, darf der Protagonist selbst nicht zur Schusswaffe greifen.
Optisch nicht so schlecht wie spielerisch
Letztlich wird "Dark" durch die immer gleichen statischen Levels, die oft nervige Gegner-KI und die unspektakulär erzählte Story schnell fad, wenn man kein Vampirgame-Fan ist. Für Genre-Fans könnte es hingegen einen Blick wert sein. Auch, weil die Optik nicht so schlecht ist, wie die Handlung und das Gameplay vermuten lassen.
Die Grafik strotzt zwar nicht gerade vor Details, und auch die Abwechslung in den meist aus dunklen Gängen und gelegentlichen Hallen bestehenden Levels könnte höher sein, durch den Cellshading-Comiclook und stellenweise hübsche Lichteffekte macht das Spiel dann aber doch einen ganz ansehnlichen Eindruck. Zumindest, wenn man von den kaum vorhandenen Gesichtsanimationen der Charaktere und den teils unrunden Bewegungsanimationen absieht.
Atmosphärische Vertonung, hakelige Steuerung
Über den Sound kann man sich nur bedingt beklagen. Die musikalische Untermalung passt – wenn man sich mit Gothic-Zeug anfreunden kann - zur düsteren Vampir-Atmosphäre und die Sprecher passen zu ihren Charakteren. Ein bisschen mehr Emotion hätte nicht geschadet – vielleicht ist sie im Test aber auch nur wegen der statischen Gesichter nicht aufgefallen.
Über die Steuerung kann man sich hingegen schon beklagen. Mit Maus und Tastatur steuert sich Eric nicht so leichtfüßig, wie man sich das von einem Bluttrinker der Nacht erwarten würde. Da kann es schon mal vorkommen, dass man unabsichtlich aus der Deckung tritt, von einer Gegnerhorde entdeckt und mit reichlich Blei kaltgemacht wird. Das ist besonders bitter, weil man das Spiel nur auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad jederzeit speichern darf. Sonst gibt's Checkpoints, die manchmal furchtbar weit auseinanderliegen.
Fazit: Nein, ein Meisterwerk ist "Dark" nicht. Für Liebhaber, die kitschige Trash-Vampirfilme der Neunziger mögen, könnte es aber trotz all der Mängel einen gewissen Reiz haben. Auch wenn die Handlung nicht gerade packend erzählt ist, das eine oder andere witzige Element findet man dann doch und der Comic-Look kaschiert die optischen Mängel dieses mittelprächtigen Spiels gut. Wer das Game aber nicht der Vampire, sondern des Spiels wegen spielen möchte, der sollte besser die Finger davon lassen und sein Heil bei anderen Schleichspielen suchen.
Plattform: PC (getestet), Xbox 360
Publisher: Kalypso Media
krone.at-Wertung: 5/10
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