Abgang in Ramsau

Bürgermeister mit Format, aber ohne Farbe

Steiermark Newsletter
04.02.2025 11:30

Paukenschlag in der steirischen Tourismusgemeinde Ramsau am Dachstein: Ortschef Ernst Fischbacher zieht sich überraschend zurück und tritt bei der Gemeinderatswahl nicht mehr an. Gerade in Zeiten, wo es immer schwerer wird, Menschen für das Amt des Bürgermeisters zu begeistern, ein herber Verlust. 

Reihenweise standen und stehen sie bei ihm Schlange: die Schönen und Reichen aus ganz Österreich und weit darüber hinaus. Ihr Begehr: ein Stück Eigentum in der idyllischen Ramsau. „Man kann sich gar nicht vorstellen, mit welchen Schmähs die daherkommen“, erzählte Ernst Fischbacher in einem Gespräch mit der „Krone“ vor wenigen Monaten.

Von Geld ließ sich der Parteilose nie blenden, für Machenschaften innerhalb der einstigen Großparteien war er nicht zu haben. Ging es um den Ausverkauf seiner Heimat, ließ Fischbacher nicht nur Promi-Anwälte abblitzen, auch hohe Politiker und gewichtige Wirtschaftstreibende bissen bei ihm auf Granit.

Mit seiner Geradlinigkeit hat sich der 61-Jährige sicher nicht nur Freunde gemacht. Bei „seinen Leuten“ genießt er hingegen großes Vertrauen: Mit dem Versprechen, den Zweitwohnsitz-Boom in Ramsau zu stoppen, trat er vor zehn Jahren in der einst tiefschwarzen Gemeinde das erste Mal bei einer Gemeinderatswahl an – und schaffte aus dem Stand eine einfache Mehrheit. Fünf Jahre später wurde seine Liste bereits mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt. Bis heute sind die Beliebtheitswerte des Kommunalpolitikers beachtlich.

Bürgermeister Ernst Fischbacher.
Bürgermeister Ernst Fischbacher.(Bild: Barbara Winkler)

Umso härter traf die Bewohner nun die Nachricht, dass Fischbacher völlig unerwartet den Hut nimmt. „Ich kaschiere nicht die Fehler von anderen, die ewig her sind“, erklärte er am Dienstag auf Nachfrage. Gemeint ist damit der schwelende Konflikt rund um Schuldscheine, die noch von der Nordischen WM 1999 stammen. Die Gemeindeführung erfuhr vor knapp sechs Jahren, dass man auf einem Schuldenberg von 2,3 Millionen Euro sitzt. Seither debattieren ÖSV, Land Steiermark und die Gemeinde darüber, wer für den Betrag geradestehen muss.

„Es tut mir wahnsinnig leid“
Da der Streit jetzt zu eskalieren drohte und das Land in Aussicht stellte, kein Geld mehr in die Ramsau zu schicken (Stichwort Bedarfszuweisungen), zog Fischbacher einen Schlussstrich. „Es tut mir wahnsinnig leid, ich hab den Job jetzt zehn Jahre lang mit viel Herzblut und Leidenschaft gemacht, aber es hilft nichts.“ Der Gemeinde würde ohne Geld aus der Landeshauptstadt ein Schaden entstehen: „Also muss ich gehen. Denn es geht nicht um mein Wohlergehen, sondern um jenes der Gemeinde.“

Fischbacher bliebt damit seiner Linie – einmal mehr – treu. Eine Eigenschaft, die immer seltener wird. Gerade jetzt, wo Symbolpolitik die Schlagzeilen beherrscht, ein schwerer Verlust.

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