Ministerliste fix
Neue italienische Regierung unter Enrico Letta steht
Schlüsselelement des neuen Kabinetts ist Angelino Alfano, rechte Hand von Ex-Premier Silvio Berlusconi, und Vorsitzender von dessen Partei "Volk der Freiheit" (PdL). Alfano übernimmt das Innenministerium und rückt zugleich zum Vizepremier auf. Er wird daher eng mit dem Sozialdemokraten Letta zusammenarbeiten.
Berlusconi-Partei stark vertreten
Berlusconis Partei ist im neuen Kabinett stark vertreten: Zur Truppe des Medienzaren in der Regierung Letta gehören der langjährige PdL-Parlamentarier Gaetano Quagliarello, der als neuer Minister für institutionelle Reformen eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung der Maßnahmen spielen will, die Berlusconi in dieser Legislaturperiode durchsetzen will. Zur Berlusconi-Truppe gehören auch die junge Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin, Landwirtschaftsministerin Nunzia Di Girolamo und Infrastukturminister Maurizio Lupi. Alle drei zählen zu engen Vertrauten des Medienzaren und zu den Hoffnungsträgern des PdL.
Weniger prominent ist Lettas Demokratische Partei (PD) vertreten. Wegen Berlusconis Veto musste Letta in seiner Regierung auf erfahrene Parteikollegen wie die Ex-Premiers Massimo D'Alema und Giuliano Amato verzichten, gegen die sich auch die rechtsföderalistische Lega Nord stemmte. Auch der zurückgetretenen PD-Chef Pierluigi Bersani stieg nicht in die Regierungsmannschaft ein. Der bekannteste unter den PD-Ministern ist Dario Franceschini, der für die Beziehungen zum Parlament zuständig sein wird. Der langjährige PD-Bürgermeister von Padua, Flavio Zanonato, rückt zum Industrieminister auf.
Parteiunabhängige Fachleute werden eine relevante Rolle im neuen Kabinett spielen. So avanciert der Generaldirektor der italienischen Notenbank, Fabrizio Saccomanni, zum neuen Wirtschaftsminister. Die scheidende Innenministerin Annamaria Cancellieri in der Regierung Monti wechselt ins Justizministerium. Der bisherige Europaminister Enzo Moavero wird als einziges Mitglied der Vorgängerregierung Monti im Amt bestätigt.
Regierung mit 21 Ministern, darunter sieben Frauen
Im Folgenden die vollständige Liste der Minister des Expertenkabinetts unter der Führung von Letta:
- Ministerpräsident: Enrico Letta
- Innenminister und Vizepremier: Angelino Alfano
- Außenministerin: Emma Bonino
- Wirtschaftsminister: Fabrizio Saccomanni
- Justizministerin: Annamaria Cancellieri
- Verteidigungsminister: Mario Mauro
- Industrieminister: Flavio Zanonato
- Landwirtschaftsministerin: Nunzia Di Girolamo
- Minister für institutionelle Reformen: Gaetano Quagliarello
- Infrastrukturminister: Maurizio Lupi
- Umweltminister: Andrea Orlando
- Arbeitsminister: Enrico Giovannini
- Gesundheitsministerin: Beatrice Lorenzin
- Bildungsministerin: Maria Chiara Carrozza
- Kulturminister: Massimo Bray
- Europaminister: Enzo Moavero Milanesi
- Tourismus-, Frauen- und Sportministerin: Josefa Idem
- Regionenminister: Graziano Del Rio
- Minister für die Beziehungen zum Parlament: Dario Franceschini
- Ministerin für die internationale Kooperation und Integration: Cecile Kyenge
- Minister für die territoriale Kohäsion: Carlo Trigilia
- Minister für die öffentliche Verwaltung: Giampiero D'Alia
Präsident Napolitano drängt Parteien zu Zusammenhalt
Präsident Napolitano rief nach der Vorstellung der Ministerliste die politischen Parteien, welche die neue Regierung unterstützen wollen, zum Zusammenhalt auf. Dies sei die Bedingung, damit das Kabinett arbeiten könne, betonte der Staatschef. Die Regierung Letta sei die einzig mögliche Regierung für Italien.
Letta selbst betonte, dass das neue Kabinett nicht nur aus Vertretern der politischen Gruppierungen, sondern auch als parteiunabhängigen Experten bestehe. Außerdem habe er eine junge Regierungsmannschaft mit einer Rekordzahl von Ministerinnen aufgebaut, sagte Letta.
Letta als gewissenhafter Reformer mit Vermittlertalent
Der 1966 in Pisa geborene Letta hat nach dem Studium der Politikwissenschaften mit einer Forschungsarbeit zum Europarecht promoviert. Von 1991 bis 1995 war er Vorsitzender der Jugendorganisation der Europäischen Volkspartei und danach Generalsekretär des Euro-Ausschusses im italienischen Haushaltsministerium. 1997 rückte er zum stellvertretenden Vorsitzenden des Partito Popolare Italiano auf, der aus der Asche der aufgelösten Democrazia Cristana entstanden war. Im Alter von 32 Jahren wurde Letta 1998 zum Europaminister in der Regierung von Massimo D'Alema ernannt. Er rückte somit zum jüngsten Minister in der republikanischen Geschichte Italiens auf. Zwischen 1999 und 2001 amtierte er dann als Industrieminister.
Bei den Europawahlen 2004 wurde er auf der Liste des Mitte-links-Bündnisses Ulivo um den damaligen EU-Kommissionschef Romano Prodi ins Europäische Parlament gewählt, dem Letta bis 2006 angehörte. Zudem war er dort im Ausschuss für Wirtschaft und Währung tätig. Seit Jahren zählt der mit einer Journalistin verheiratete Vater von drei Kindern zu den engsten Vertrauensleuten Prodis.
2006 zog Letta in die Abgeordnetenkammer ein und wurde im zweiten Kabinett um Romano Prodi zum Staatssekretär im Büro des Premiers ernannt. In dieser Funktion löste er seinen bekannten Onkel Gianni Letta ab, der dem gegnerischen Mitte-rechts-Lager um Silvio Berlusconi angehört. 2007 gehörte Enrico Letta zu den Gründungsmitgliedern der aus Links- und Christdemokraten fusionierten Mitte-links-Partei Partito Democratico. Seine Kandidatur für den Vorsitz der neuen Gruppierung wurde von namhaften Vertretern zentristischer Gruppierungen unterstützt, Letta unterlag jedoch im Duell gegen den ehemaligen römischen Bürgermeister Walter Veltroni. Zwischen 2008 und 2009 amtierte Letta als für Arbeit, Gesundheit und Soziales zuständiger Minister in einer PD-Schattenregierung, die in Opposition zur Regierung Berlusconi stand.
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