Nach Haft-Urteil

Berlusconi will in Politik bleiben und “Justiz reformieren”

Ausland
27.10.2012 19:53
Nach seiner nicht rechtskräftigen Verurteilung zu vier Jahren Haft wegen Steuerbetrugs (siehe Infobox) geht Italiens ehemaliger Premier Silvio Berlusconi auf völlig unverschämte Art und Weise in die Gegenoffensive. Gerade jetzt müsse er weitermachen, erklärte der "Cavaliere" am Samstag in einem TV-Interview - und kündigte an, in der Politik zu bleiben. Er fühle sich nun nämlich dazu verpflichtet, "die Justiz zu reformieren".

Berlusconi (rechts im Bild mit Italiens aktuellem Ministerpräsidenten Mario Monti) war am Freitag in einem Prozess rund um seinen Konzern Mediaset erstinstanzlich wegen Steuerbetrugs zu vier Jahren Freiheitsstrafe, zu einem fünfjährigen Ausschluss von öffentlichen Ämtern und zu einer dreijährigen Sperre von hohen Posten in Unternehmen verurteilt worden.

Nach dem Schuldspruch gaben sich der 76-Jährige und seine Anwälte empört, man sprach von Politjustiz. Berlusconi scheute sich auch nicht, die zuständigen Mailänder Richter direkt als "beeinflusst" anzuprangern. Der italienische Richterverband ANM hat die Attacken inzwischen als "inakzeptabel" zurückgewiesen.

"Damit anderen Bürgern nicht dasselbe geschieht"
Am Samstag ging der "Cavaliere" nun in die Vollen: "Dieses Urteil wird Folgen haben. Ich fühle mich verpflichtet, weiterhin in der Politik zu bleiben, um die Justiz zu reformieren", posaunte Berlusconi in seinem eigenen TV-Sender "Canale 5". Freilich gehe es ihm nicht um sich selbst, sondern um seine Mitmenschen. Er müsse etwas unternehmen, "damit anderen Bürgern nicht das geschieht, was ich erlebt habe".

Erst am Mittwoch hatte Berlusconi als "unbescholtener Vater von fünf Kindern und Großvater von sechs Enkelkindern" angekündigt, auf seine sechste Kandidatur für das Amt des Regierungschefs bei den Parlamentswahlen im kommenden Frühjahr zu verzichten. Diese Entscheidung bestärkte Berlusconi auch am Samstag bei einer Pressekonferenz - ein Antritt als als offizieller Spitzenkandidat des Mitte-rechts-Lagers käme für ihn weiterhin nicht infrage.

Berlusconi nutzte die mediale Aufmerksamkeit auch gleich zu einem Rundumschlag in der Politik: Die PdL, Berlusconis Partei, überlege, Premier Monti, der das Land in die Rezession getrieben habe, das Vertrauen zu entziehen. Auch gegen die Entscheidungsträger in der Europapolitik wurde bitterböse gewettert.

Haftantritt höchst unwahrscheinlich
Italienische Medien hatten den in die Jahre gekommenen Medienzaren zuletzt als deprimiert und gebrochen beschrieben, vor allem wegen seiner zahlreichen juristischen Probleme - siehe Überblick in der Infobox. Selbst Auswanderungspläne wurden ihm nachgesagt.

Dass er die Haftstrafe wegen Steuerbetrugs tatsächlich antreten muss, ist, wie berichtet, auch ohne seine "Reformpläne" höchst unwahrscheinlich. In seiner Zeit als Ministerpräsident hatte Berlusconi mit mehreren Gesetzen dafür gesorgt, dass das Mediaset-Verfahren wie auch andere Prozesse gegen ihn unterbrochen wurden. Im Laufe der Berufungen werden die Vorwürfe verjährt sein.

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