Mitten in Krise

Korruption & Co: Serie von Skandalen sucht Italien heim

Ausland
04.10.2012 10:54
Während die Schuldenkrise das Land beutelt und Premier Mario Monti (Bild) in der Welt um Vertrauen für Italien wirbt, veruntreuen und verprassen Beamte und Politiker hemmungslos öffentliche Gelder. Wie am Donnerstag bekannt wurde, hat die Polizei am Vortag fünf Beamte einer Steuereinzugsgesellschaft verhaftet. Sie sollen nicht weniger als 100 Millionen Euro an Steuergeldern unterschlagen haben, die sie im Auftrag von 400 Gemeinden kassierten. Der Fall stellt einen weiteren Aufreger in einer ganzen Reihe von Skandalen dar, die derzeit Italiens Öffentlichkeit empören.

Die Steuerpolizei in Genua nahm am Mittwoch den Geschäftsführer der Gesellschaft "Tributi Italia" und vier seiner engsten Mitarbeiter mit dem Vorwurf des schweren Betrugs und der Bilanzfälschung fest. Ermittlungen laufen auch gegen weitere vier Personen. Die Verdächtigen sollen sich mit den veruntreuten Geldern Partys, Jachten und Privatflugzeuge finanziert haben.

Die Untersuchung war von den ligurischen Justizbehörden in die Wege geleitet worden, nachdem mehrere Gemeinden "Tributi Italia" angezeigt hatten, weil sie die eingetrieben Steuern nicht weitergereicht hatten. Daraufhin wurde der Gesellschaft die Einzugslizenz entzogen, sie musste beim Gericht in Rom Insolvenz anmelden. Rund 1.000 Mitarbeiter des Unternehmens wurden entlassen.

Luxuriöses Leben auf Steuerzahler-Kosten
In Italien sorgen derzeit mehrere Korruptionsskandale für Aufregung. Erst vergangene Woche war die Präsidentin des Parlaments der Region Latium wegen der Veruntreuung von Parteigeldern zurückgetreten. Während viele Bürger im Würgegriff der Krise nicht wissen, wie sie immer höhere Abgaben bezahlen sollen, lebten Politiker auf Kosten der Steuerzahler in Saus und Braus. So kostete in Latium eine Fete im römischen Stil eine fünfstellige Summe - es gab teure Übernachtungen, Champagner, Austern und Luxuskrawatten.

In den Zeitungen ist im Zusammenhang mit dem nunmehrigen Skandal "Laziogate" schon die Rede von einem neuen Tangentopoli, dem großen italienischen Schmiergeldskandal der 1990er-Jahre. Derzeit sind laut Nachrichtenagentur ANSA sieben der insgesamt 20 Regionen im Visier der Ermittler. Überprüfungen gibt es außer in Latium im Piemont, in Kampanien, der Basilikata, der Emilia Romagna, Sizilien und Sardinien. Mal geht es um Untreue, mal um Bestechung, mal haben Politiker sich "nur" großzügig aus den Töpfen bedient. Der Präsident des Rechnungshofes, Luigi Giampaolino, sagte, man sei in Italien ja Krankhaftes gewohnt. "Aber dass es so weit kommen könnte, haben wir nicht gedacht."

Arger Schlendrian in Regionen und Parteien
Doch die Regionen sind nur eine Baustelle. Auch in den Parteien herrscht ein arger Schlendrian. So sitzt der einstige Schatzmeister der Partei Margherita, Luigi Lusi, seit Monaten in Untersuchungshaft. Ermittelt wird auch gegen Berlusconis Ex-Koalitionspartner Umberto Bossi, den früheren Chef der Rechtspartei Lega Nord. Für seine Familie sollen Gelder aus der Parteikasse abgezweigt worden sein. Berlusconis Partei PdL (Volk der Freiheit) ist besonders unter Druck. Gegen den PdL-Präsidenten der Lombardei, Roberto Formigoni wird ermittelt, weil er sich angeblich Urlaube spendieren ließ.

In Latium wiederum wurde am Dienstag der ehemalige PdL-Fraktionschef Franco Fiorito wegen Veruntreuung von Geldern festgenommen - er soll mindestens 750.000 Euro abgezweigt haben. "Eine Katastrophe - ich will mich nicht schämen, wenn ich aus dem Haus gehe", sagte die Präsidentin des Regionalparlaments, Renata Polverini, und trat zurück. Ihre Abgeordneten sollen Millionenbeträge vergeudet haben. Nahezu nicht zu glauben, dass die Politikerin, die 2010 mit Hilfe der PdL an die Macht kam, gar nichts von der Verschwendung mitbekommen haben will.

Berlusconi zahlte Orgien wenigstens selbst
Berlusconi will eventuell bei den Wahlen im Frühjahr wieder kandidieren, doch der Skandal hat seine Chancen nicht gerade verbessert. Nach einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage würden nur noch 18,5 Prozent der Italiener die PdL wählen - vorher waren es immerhin noch 22 Prozent. Der 76-jährige Milliardär, gegen den der sogenannte Ruby-Prozess um Sex mit Minderjährigen und Amtsmissbrauch läuft, war selbst wegen rauschender Partys unter Beschuss - hatte seine Orgien aber immerhin selbst bezahlt...

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