China umgeht offenbar mit einem Trick das US-Verbot zum Export von Hochleistungsprozessoren in die Volksrepublik. Einer Auswertung von Hunderten Lieferunterlagen zufolge sollen zehn chinesische Firmen Server gekauft haben, die mit für Künstliche Intelligenz (KI) optimierten Spezialprozessoren der neuesten Generation des Weltmarktführers Nvidia ausgestattet waren.
Laut Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters stammten die Rechner von US-Herstellern wie Super Micro Computer und Dell sowie vom taiwanesischen Anbieter Gigabyte. Bei den Käufern handelt es sich um bisher wenig bekannte Einzelhändler, die die Produkte den Papieren zufolge an chinesische Universitäten und Forschungseinrichtungen weitergereicht haben sollen. Noch ist allerdings unklar, ob die Geräte vor der Verschärfung der US-Beschränkungen im vergangenen November erworben wurden.
Die USA verbieten Nvidia und den Partnern des wertvollsten Chip-Herstellers der Welt den Verkauf von Hochleistungsprozessoren in die Volksrepublik. Dies gilt auch für Geschäfte über Dritte. In China selbst sind Kauf und Verkauf dieser Produkte dagegen legal.
Die genannten Server-Hersteller betonten, sich an geltende Gesetze zu halten, und kündigten interne Untersuchungen an. Keiner der chinesischen Käufer war für einen Kommentar zu erreichen.
„Verschwindend geringe Stückzahlen“
Nvidia teilte auf Anfrage mit, dass die in den Lieferunterlagen aufgeführten Produkte vor dem US-Embargo allgemein verfügbar gewesen seien. „Sie deuten nicht darauf hin, dass einer unserer Partner gegen die Ausfuhrkontrollvorschriften verstoßen hat.“ Außerdem handle es sich um verschwindend geringe Stückzahlen.
Die von Reuters geprüften öffentlich zugänglichen Unterlagen umfassen aber nur einen Bruchteil von Käufen staatlicher chinesischer Institutionen. Die identifizierten Lieferungen umfassten jeweils einige Server mit mehreren Dutzend Spezialchips. Branchenkennern zufolge sind sie dennoch für das KI-Training oder die Forschung nützlich.
Verkaufskanäle kaum zu kontrollieren
Nach Einschätzung von Daniel Gerkin, Partner der Anwaltskanzlei Kirkland & Ellis, könnten die Chips ohne Wissen der Hersteller nach China umgeleitet worden sein. Die Verkaufskanäle für die Produkte ließen sich kaum kontrollieren. Entsprechend schwierig sei es für die US-Regierung, ihr Verbot durchzusetzen.
Das US-Handelsministerium wollte sich nicht zu eventuellen aktuellen Ermittlungen äußern. Es verwies aber darauf, dass es ein Auge darauf habe, ob Chips abgezweigt würden. Bei Verstößen gegen das Embargo drohen Strafen von mehreren hunderttausend Dollar und bis zu 20 Jahre Gefängnis.
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