Die europäische Strategie zum Ukraine-Krieg war bisher in sich paradox. Man will keinen langen Krieg, aber auch keine Eskalation, um den Krieg schnell(er) zu beenden. Dieser Widerspruch wird durch Äußerungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und des deutschen Kanzlers Olaf Scholz noch befeuert ... Oberst Berthold Sandtner analysiert.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass sich einzelne Angehörige europäischer und
amerikanischer Streitkräfte seit Kriegsbeginn in der Ukraine aufhalten und den Ukrainern helfen. Der deutsche Kanzler Olaf Scholz hat erst am Donnerstag verraten, dass britische Soldaten in der Ukraine beim Abfeuern von Raketen helfen, und damit die europäischen Partner heftig irritiert.
„Beiläufiger“ Scholz-Kommentar löst heftige Debatte aus
Scholz reagierte mit seiner „beiläufigen“ Bemerkung im Zuge der Diskussion um die Lieferung von deutschen Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine auch auf die Überlegungen des Franzosen Macron, europäische Truppen in die Ukraine zu schicken.
„Die Europäer haben erkannt, dass sie militärisch eskalieren müssten, wenn sie den Krieg schneller beenden wollen, und gleichzeitig fürchten sie mögliche russische Reaktionen darauf“, sagt Oberst Berthold Sandtner von der Landesverteidigungsakademie des Bundesheeres.
„Wie ein geschwächter Patient, dem man das Mittel verweigert“
„Das ist das europäische strategische Paradoxon, das man so nicht auflösen kann. Die Europäer müssten die Ukraine militärisch so stark machen, dass
sie Russland empfindlich schwächt. Aber genau davor hat man Angst“,
so Sandtner. „Die Ukraine ist wie ein stark geschwächter Patient, der zwar einen unbändigbaren Lebenswillen hat, dem man aber das Mittel verweigert, damit er gesund wird, oder gerade so viel gibt, dass er nicht stirbt.“
Die Russen könnten die jetzige Situation noch zwei bis drei Jahre so durchhalten, die Ukraine nur mit massiver westlicher finanzieller und militärischer Unterstützung. Um den Krieg schneller zu beenden, müsste man ihn eskalieren. Eine offizielle Entsendung von Bodentruppen wäre dabei eine Maximalvariante. Es bedeute aber nicht, dass man automatisch Kämpfer für die erste Linie entsendet, erläutert Sandtner.
Kremlchef Wladimir Putin warnte bei seiner Rede zur Lage der Nation den Westen vor „tragischen Folgen“ eines verstärkten Engagements in der Ukraine:
Es könnten auch Sanitäter, Soldaten für die Führungsunterstützung und den Betrieb der Fliegerabwehr in der dritten und vierten Frontlinie oder andere militärische Experten entsandt werden. Erstaunlich ist, dass ausgerechnet Frankreich mit einer solchen Idee vorprescht. Denn die Franzosen gehörten bisher nicht zu den größten Unterstützern der Ukraine - weder bei Geldleistungen noch bei Waffenlieferungen.
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