Einzelheiten sind noch keine an die Öffentlichkeit gedrungen, aber es gibt offenbar einen Gegenentwurf zum umstrittenen 28-Punkte-Plan der USA, der in der Ukraine Frieden stiften soll. Dieser wurde bei Beratungen in Genf unter Einbeziehung europäischer Staaten ausgearbeitet. Moskau hat am Montagvormittag bereits reagiert und wissen lassen, dass der Plan „für Russland völlig inakzeptabel ist“. Vielmehr seien die Europäer „Kriegstreiber“.
Vertreter aus Europa, den USA und aus der Ukraine verhandeln seit Sonntag in Genf, wie dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ein Ende gesetzt werden kann. Der ursprüngliche 28-Punkte-Plan der USA war zuvor auf Ablehnung gestoßen und von Kritikern als „Wunschliste Putins“ bezeichnet worden. Doch sogar Moskau selbst hatte den US-Vorschlag zurückgewiesen, weil er nicht allen russischen Kriegszielen entspricht.
In Genf wurde nun weiterverhandelt, in einer gemeinsamen Erklärung teilten beide Seiten mit, sie hätten ein „überarbeitetes Friedenskonzept“ entworfen, nannten jedoch keine Einzelheiten. Vor allem ist aber eine Milderung der vorgeschlagenen Gebietsabtretungen und eine Sicherheitsgarantie der USA für die Ukraine nach dem Vorbild der NATO im Falle eines Angriffs vorgesehen.
Das Weiße Haus teilte gesondert mit, die ukrainische Delegation habe erklärt, der Entwurf spiegle „ihre nationalen Interessen wider“ und gehe auf „ihre zentralen strategischen Anforderungen“ ein. Das ukrainische Delegationsmitglied Rustem Umjerow, der Ex-Verteidigungsminister und Sekretär des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine ist, hatte am Sonntag erklärt, „die aktuelle Fassung des Dokuments, die sich zwar noch in der Endphase des Genehmigungsprozesses befindet, spiegelt bereits die meisten der wichtigsten Prioritäten der Ukraine wider“.
Kiew zu Kompromissen bereit
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte am Montag, er sei bereit für Kompromisse bei den US-Friedensvorschlägen, um die Ukraine zu stärken und nicht zu schwächen. Die Regierung in Kiew werde mit ihren Partnern weiter daran arbeiten, sagt er. Zudem müsse Russland für den Krieg bezahlen. Eine Entscheidung über die Verwendung eingefrorener russischer Vermögenswerte sei von entscheidender Bedeutung.
EU berät am Rande in Angola, Stocker virtuell dabei
Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union kommen am Montag zu Sonderberatungen über die Ukraine zusammen. Das Treffen finde am Rande eines Gipfels der EU und der Afrikanischen Union in Angolas Hauptstadt Luanda statt, teilte ein Sprecher von EU-Ratspräsident Antonio Costa mit. Regierungschefs, die nicht an dem Gipfel teilnehmen, seien zur Teilnahme per Videoschalte eingeladen worden. Für Österreich nimmt Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) virtuell teil.
Trump setzt „undankbaren Ukrainern“ Frist
US-Präsident Donald Trump hat den Druck auf die Ukraine aufrechterhalten, eine Einigung zu erzielen. Am Sonntag sagte er, die Ukraine habe für die amerikanischen Bemühungen im Krieg „null Dankbarkeit“ gezeigt. Ukrainische Vertreter betonten daraufhin ihren Dank für Trumps Unterstützung. Trump hatte dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj eine Frist bis Donnerstag gesetzt, um einen Friedensplan zu akzeptieren.
US-Außenminister Marco Rubio, der die US-Delegation bei den Gesprächen leitete, erklärte jedoch am Sonntag, diese Frist sei möglicherweise nicht in Stein gemeißelt. Selenskyj könnte noch diese Woche in die USA reisen, um die heikelsten Aspekte des Plans mit Trump zu besprechen, sagten mit der Angelegenheit vertraute Insider.
Rubio reist ab, bleibt aber zuversichtlich
Rubio hat Genf bereits verlassen. Er deutete an, dass die Gespräche auf technischer Ebene fortgesetzt werden. Er hatte sich zuversichtlich für eine überarbeitete Version des US-Plans gezeigt. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es schaffen werden“, sagte er. Rubio sprach von „enormen Fortschritten“ und fügte an, dass die noch offenen Punkte „nicht unüberwindbar“ seien. Es brauche nur mehr Zeit. In den vergangenen drei Wochen hätten die beteiligten Parteien mit einer Vorlage gearbeitet, an der seither ständig weitergearbeitet worden sei.
Rubio versicherte den Europäern laut Transkript, dass Themen, die Europa und die NATO direkt betreffen, separat behandelt werden sollten. Dazu wolle man die Verbündeten anhören. Die endgültige Vereinbarung, so Rubio, müsse noch von Trump und Selenskyj unterzeichnet werden. Auch Russland müsse dem Plan zustimmen.
Deutscher Außenminister spricht von „entscheidendem Erfolg“
Der deutsche Außenminister Johann Wadephul sah in den Fortschritten bei den Genfer Verhandlungen auch einen Erfolg der Europäer. Alle Fragen, die Europa und die NATO beträfen, seien aus dem ursprünglichen US-Plan entfernt worden, sagte Wadephul. Das sei ein entscheidender Erfolg. Es dürfe sich nicht über die Köpfe der Europäer und der Ukrainer hinweg geeinigt werden. Es müsse sichergestellt werden, dass die Souveränität der Ukraine gewahrt werde und sie selbst entscheide, welche Zugeständnisse sie mache, erklärte der deutsche Außenminister.
Der ursprüngliche 28-Punkte-Vorschlag der USA von vergangener Woche sah vor, dass die Ukraine Gebiete abtritt, Beschränkungen für ihr Militär akzeptiert und ihre Bestrebungen für einen NATO-Beitritt aufgibt. Für viele Ukrainer kämen diese Bedingungen nach fast vier Jahren des Kampfes in Europas verlustreichstem Konflikt seit dem Zweiten Weltkrieg einer Kapitulation gleich. Zwei Insidern zufolge wurde der Plan bei einem Treffen im Oktober in Miami ausgearbeitet, an dem der Sondergesandte Steve Witkoff, Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und der mit US-Sanktionen belegte russische Gesandte Kirill Dmitrijew teilnahmen.
Die Gespräche finden statt, während Russland in einigen Regionen langsam an Boden gewinnt und die ukrainische Strom- und Gasversorgung durch Drohnen- und Raketenangriffe stark beschädigt ist. Zudem steht Selenskyj innenpolitisch unter Druck, da in einen großen Korruptionsskandal einige seiner Minister verwickelt sind. Dies erschwert es dem Land, sich Finanzmittel zu sichern.
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