„20 Euro oder Schläge“

Jugendlicher forderte Schutzgeld über Snapchat

Gericht
17.01.2024 13:20

20 Euro pro Woche, sonst gibt es Schläge - so lautete die Drohung, mit der sich 15 Jugendliche konfrontiert sahen, als sie Mitte April 2023 zu einer Snapchat-Gruppe hinzugefügt wurden. Der mutmaßliche Schuldeneintreiber muss vor Gericht in Wien Platz nehmen. Schnell wird aber klar: Er ist nicht der böse Kopf hinter der Erpressung.

Die Jugendlichen machten große Augen, als sie Mitte April letzten Jahres zu einer Gruppe in dem sozialen Netzwerk Snapchat hinzugefügt wurden - mit der recht selbsterklärenden Bezeichnung „Geld kassieren“. „Die haben dann die Leute erpresst, dass sie in der Woche 20 Euro zahlen müssen, sonst gibt es Schläge“, erklärt ein 16-Jähriger der Richterin im Wiener Landesgericht.

Bestimmungstäter eigentlich ein ganz anderer?
Deswegen sitzt nun ein gleichaltriger Ugander auf der Anklagebank. Seine Aufgabe in der Schutzgelderpressung: Er sollte die Beträge von den Opfern einsammeln. Im Prozess wird aber schnell klar, hinter dem Vorhaben steht ein ganz anderer unbekannter Täter: „Mario hat hineingeschrieben, das ist eine Gruppe für Schutzgeld. Ich hab gesagt, ich will das nicht zahlen. Dann meinte er, ich soll das Geld halt einsammeln.“ Aus Angst habe der 16-Jährige zugestimmt.

Brutales Prügelvideo machte Jugendlichen Angst
Denn Mario, der von der Polizei nicht ausgeforscht werden konnte, genießt im Stadtteil Essling im 22. Bezirk einen Ruf. Erst wenige Tage bevor die Snapchat-Gruppe erstellt wurde, verprügelte er einen anderen Jugendlichen. Ein Video davon, dass die Richterin vorspielte, macht die Brutalität deutlich. Immer wieder schlug Mario seinem Opfer gegen den Kopf, als es schon in Embryostellung da lag, schrie er: „Steh auf, wenn du mit mir redest“ - nur um ihn wieder mit Tritten und Schlägen zu Boden zu bringen.

Zitat Icon

Wenn jetzt jemand zu Ihnen sagt, ich erschieße dich nicht, wenn du jemanden anderen erschießt, können Sie auch nicht einfach jemanden erschießen.

Die Richterin belehrt im Wiener Landesgericht.

Dieser kurze Clip hätte unter den Jugendlichen in Wien-Donaustadt die Runde gemacht. Den Mitgliedern der Gruppe drohte der Unbekannte das Gleiche an, sollten sie den Geldforderungen nicht nach kommen. Auch dem 16-jährigen Angeklagten. „Sie hätten genauso wie die anderen Opfer zur Polizei gehen können. Wenn jetzt jemand zu Ihnen sagt, ich erschieße dich nicht, wenn du jemanden anderen erschießt, können Sie auch nicht einfach jemanden erschießen“, verdeutlicht Frau Rat mit einem extremen Beispiel.

§ 144 StGB Erpressung

(1) Wer jemanden mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, die diesen oder einen anderen am Vermögen schädigt, ist, wenn er mit dem Vorsatz gehandelt hat, durch das Verhalten des Genötigten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

Die Strafrahmennach dem Jugendgerichtsgesetz sind in vielen Fällen niedriger als bei Erwachsenen. Jugendlicheim Sinne des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) sind Personen im Alter zwischen 14 und 18 Jahren. Im Wesentlichen gilt, dass das Höchstmaß von angedrohten zeitlichen Freiheitsstrafe für Jugendliche auf die Hälfte herabgesetzt wird und ein Mindestmaß entfällt.

Trotzdem: Der Schöffensenat spricht den jungen Ugander frei. Es sei, wie auch die Staatsanwältin schon in ihrem Schlussplädoyer anklingen ließ, ein entschuldigender Notstand anzunehmen. Der unbekannte Mario, von dem die Polizei zwar Lichtbilder aus dem Prügelvideo und den Wohnbezirk kenne, bleibt aber weiter verschwunden ...

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