"Zu viele Löcher"

SPD will Steuerabkommen mit Schweiz kippen

Ausland
05.04.2012 16:40
Die deutschen Sozialdemokraten drohen damit, das umstrittene Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz zu kippen. Kurz nachdem die beiden Regierungen sich am Donnerstag in Bern auf Verschärfungen zulasten der deutschen Steuersünder verständigt hatten, kündigte SPD-Chef Sigmar Gabriel (Bild) eine Ablehnung des Abkommens im Bundesrat durch die SPD-regierten Bundesländer an: "Es wird nicht wirksam, es enthält viel zu viele Schlupflöcher."

Knackpunkt ist, dass die Abgabe von 21 bis 41 Prozent erst für Vermögen gelten soll, die 2013 noch auf Schweizer Konten liegen. Davor könnten Steuerhinterzieher ihr in der Schweiz verstecktes Vermögen in andere Länder verlagern und dadurch die Amnestieabgabe umgehen. Wenn die Schweiz sich nicht darauf einlasse, auch rückwirkend Abgaben zu erwirken, will die SPD das Abkommen im deutschen Bundesrat ablehnen.

Bundesrat muss Ja sagen
Mit dem jetzt unterzeichneten Änderungsprotokoll versuchen die deutsche und die Schweizer Regierung, das im August 2011 geschlossene Steuerabkommen angesichts der heftigen Kritik von SPD und Grünen zu retten. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble wie auch seine Schweizer Kollegin Eveline Widmer-Schlumpf hatten von einem "für beide Seiten angemessenen und fairen Kompromiss" zur Lösung des langjährigen Steuerstreits gesprochen. In Deutschland muss das Abkommen allerdings grünes Licht vom Bundesrat bekommen. Ohne Stimmen der von SPD und Grünen regierten Länder wäre eine Mehrheit in der Länderkammer zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu erreichen.

Da aber erst nach der Sommerpause im deutschen Bundesrat abgestimmt werden dürfte - also nach den Wahlkämpfen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein -, gibt die Regierung das Abkommen noch nicht verloren. "Ich denke, dass das, was jetzt an Änderungen kommt, die Chancen auf jeden Fall verbessern wird, weil das ja den Forderungen der SPD-Länder Rechnung trägt", sagte am Donnerstag ein hoher Regierungsvertreter.

Gabriel: "Ohrfeige für Steuerzahler"
Dem widersprach Sigmar Gabriel. "Es wird zum zweiten Mal scheitern, weil die SPD-geführten Länder da nicht mitmachen werden", kündigte er an. Die Vereinbarung sei "eine Ohrfeige für jeden ehrlichen Steuerzahler", sagte Gabriel in Berlin. Dadurch würde "millionenfache Steuerhinterziehung nachträglich legitimiert". Ein Milliardenvermögen werde ins Ausland gebracht, dieses Geld fehle in Deutschland für Bildung oder Infrastrukturmaßnahmen. Das Steuerabkommen sei "in hohem Maß sozialschädlich".

Durch das Änderungsprotokoll soll auf vererbtes Schwarzgeld der Maximalsatz der deutschen Erbschaftssteuer von 50 Prozent erhoben werden. Auf schon länger im Nachbarland deponiertes Schwarzgeld soll einmalig eine pauschale Abgeltungssteuer zwischen 21 und 41 Prozent erhoben werden - bisher war von 19 bis 34 Prozent die Rede. Zudem soll der Steuerflüchtling nicht mehr, wie bisher vorgesehen, nach Inkrafttreten der Vereinbarung einige Monate Zeit erhalten, sein Geld in einen Drittstaat zu verlagern. Vielmehr soll mit Inkrafttreten des Abkommens zum 1. Jänner 2013 gelten: Verlagerungen von Vermögen von der Schweiz in Drittländer werden den deutschen Behörden gemeldet. Für eine rückwirkende Regelung, wie sie SPD und Grüne fordern, war die Schweizer Seite aber nicht zu haben.

Abkommen "recht vorteilhaft" für Schweiz
Die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) und die Schweizer Banken haben das Steuerabkommen mit Deutschland gelobt. Das Abkommen sei für die Schweiz "recht vorteilhaft", sagte der Solothurner CVP-Ständerat Pirmin Bischof. Auch der Verband der Schweizer Banken stellte sich hinter die Einigung.

Österreich will sich aus in der Schweiz geparkten Schwarzgeldern ebenfalls einen großen Beitrag für die Budgetsanierung holen. Trotz der nun vereinbarten Nachbesserungen beim Vertrag zwischen Deutschland und der Schweiz "gehen wir nicht davon aus, dass sich bei den Erträgen aus einem künftigen Abkommen für uns besonders viel verändert", sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Harald Waiglein, am Donnerstag. Bei den bisherigen Verträgen der Schweiz mit Deutschland und England sei die "Formel für die Besteuerung von Altanlagen" fix gewesen. "Wenn uns der Text vorliegt, werden wir analysieren, ob sich diese Formel verändert hat."

Schieder sieht "gutes Zeichen"
Finanzstaatssekretär Andreas Schieder sieht in dem Steuerabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz ein "gutes Zeichen" für die Verhandlungen zwischen Österreich und der Schweiz. Seien Deutsche und Schweizer handelseins, könnten die Verhandlungen zwischen Wien und Bern auch "offiziell beginnen", sagte Schieder in der Mittags-"Zeit im Bild". "Wir werden uns die deutschen Steuersätze ansehen, können uns an ihnen orientieren und sicherstellen, dass wir die budgetierte Summe 2013 auch bekommen."

Österreich hat im Sparpaket eine Milliarde Euro an Einnahmen im Jahr 2013 aus einem vergleichbaren Abkommen mit der Schweiz budgetiert. "Die Höhe von einer Milliarde ist realistisch und entspricht vorsichtigen Schätzungen", sagte Schieder. Es lägen Gelder zwischen zwölf und 20 Milliarden Euro aus Österreich in der Schweiz.

Zur Kritik, dass ein solches Abkommen Steuerhinterziehungen nur prolongiere, meinte Schieder, der Kampf gegen Steueroasen müsse "sowieso geführt werden". Das Abkommen stelle sicher, dass die abgeflossenen Gelder in absehbarer Zeit ihren Beitrag zu den österreichischen Sparbemühungen leisten.

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