Parlamentswahl

Showdown im Iran: Ahmadinejad auf Verliererstraße

Ausland
04.03.2012 15:35
Das offizielle Endergebnis der iranischen Parlamentswahl steht noch aus, doch so viel scheint klar: Präsident Mahmoud Ahmadinejad (rechts im Bild) ist der große Verlierer. Ein Bündnis von konservativen Gegnern des Präsidenten führt nach Auszählung von 90 Prozent aller Stimmen mit einer knappen Dreiviertelmehrheit. Ein überwältigender Sieg der sogenannten Prinzipalisten wird auch bei der noch folgenden Stichwahl immer wahrscheinlicher.

"Diese Wahlen waren zuallererst eine interne politische Abrechnung zwischen den konservativen Fraktionen", sagt ein Beobachter in Teheran. "Und Ahmadinejad wurde von seinen Rivalen niedergeschmettert."

"Ahmadinejad hat Vertrauen verloren"
Für die Politik des Landes sind die Parlamentswahlen nicht wichtig. Die konservative Fraktion dominierte schon bis jetzt das Parlament. Das hat aber kaum Einfluss, vor allem nicht auf die Außenpolitik und den heiklen Atomstreit mit dem Westen. Wichtige Entscheidungen werden vom religiösen Führer und Staatsoberhaupt, Ayatollah Ali Khamenei, und seinen Beratern getroffen.

Doch die erste Abstimmung seit Ahmadinejads umstrittener Wiederwahl im Jahr 2009 war ein wichtiger Test für den Präsidenten. Ahmadinejad habe das Vertrauen und die Unterstützung seiner Verbündenten verloren, sagt eine ehemaliger Reformpolitiker. "Der Druck auf Ahmadinejad kommt nun nicht mehr nur aus dem Ausland, sondern auch von zu Hause."

Hohe Wahlbeteiligung
Nach offiziellen Angaben lag die Wahlbeteiligung am Freitag bei rund 64 Prozent. Das ist hoch für iranische Verhältnisse. Die Opposition bezweifelt jedoch diese Angaben. Die Führung betrachtet eine hohe Wahlbeteiligung als Zeichen der Loyalität dem Regime gegenüber. Selbst wenn die Zahlen korrekt seien, müsste Ahmadinejad die 36 Prozent der Daheimgebliebenen als 17 Millionen Stimmen gegen ihn werten, meinen Beobachter.

Politische und ideologische Differenzen
Die Differenzen des Präsidenten mit den Prinzipalisten, die großen Wert auf ihre Loyalität der religiösen Führung gegenüber legen, bahnten sich zunächst in der Wirtschaftspolitik an. Versprochene Reformen, die Ahmadinejads Unterstützer in der Mittelschicht und ärmeren Bevölkerungsgruppen entlasten sollten, schlugen fehl oder wurden erst gar nicht umgesetzt.

Später kamen politische und ideologische Unterschiede hinzu. Engen Beratern des Präsidenten wurde vorgeworfen, die religiöse Dimension des Staates zu untergraben und stattdessen einen Nationalismus zu fördern. "Die Ultrakonservativen sahen dies als ersten Schritt zum Säkularismus und den Anfang vom Ende für die religiösen Führer", sagt ein ausländischer Diplomat in Teheran.

Auftakt für den politischen Machtkampf
Die Wahlen vom Freitag waren nur der Auftakt für den politischen Machtkampf. Der große Showdown werde für die Präsidentenwahl im Juni 2013 erwartet, erklärte ein iranischer Journalist. "Das Problem ist nicht mehr nur Ahmadinejad, sondern auch seine Ideologie", fügte ein Beobachter hinzu. Ahmadinejad kann nach zwei Amtszeiten nicht unmittelbar ein drittes Mal antreten. Viele Konservative befürchten jedoch ein Putin-Manöver: Ein Strohmann könnte für Ahmadinejad den Platz vier Jahre lang warm halten. Nach dieser Pause dürfte sich Ahmadinejad wieder der Wahl stellen.

Esfandir Rahim-Mashaei gilt unter Beobachtern als Ahmadinejads Wunschkandidat. Er ist nicht nur der oberste Berater des Präsidenten, sondern zugleich der Schwiegervater von Ahmadinejads Sohn. Rahim-Mashaei gilt unter den Konservativen als Führer des "Abweichler"-Flügels, der aus Sicht seiner Kritiker die traditionelle Dominanz des Klerus im Gottesstaat untergraben will.

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