2022 konnten die Sicherheitsbehörden 51.886 Betrugsanzeigen registrieren, damit hat diese Deliktsform mit zehn Prozent zur gesamten Kriminalstatistik beigetragen. Etwa die Hälfte aller Betrügereien spielten sich im Internet ab. Dieser Anteil ist zuletzt kontinuierlich gestiegen. Im Juli 2023 haben sich sogar bereits zwei Drittel aller Anzeigen auf Online-Betrug bezogen.
Die Polizei wird durch die Verlagerung der Betrügereien ins Internet vor eine Herausforderung gestellt, berichtet Manuel Scherscher, stellvertretender BK-Direktor und Leiter der Abteilung für Wirtschaftskriminalität: „Der Einzelbetrug wird abgelöst vom Massenphänomen.“ Um dem entgegenzuwirken, hat vor wenigen Tagen das erste polizeiliche Cyber-Trainings-Center in Oberösterreich die Arbeit aufgenommen.
Das Cybercrime-Center im Bundeskriminalamt existiert bereits seit 2011. Da Internet-Betrügereien oftmals länderübergreifend abgewickelt werden, ist für die Exekutive vor allem auch ein schnell funktionierendes internationales Behörden-Netzwerk von Bedeutung.
Doppelte Abzocke
Scherscher präsentierte Medienvertretern, wie viel Geld durch die Online-Betrügereien in die Taschen der Kriminellen gespült wird. 60 Millionen Euro konnten die Verbrecher letztes Jahr aus den Taschen anderer ziehen. Viele Betroffene wurden sogar doppelt abgezockt. Zuerst verloren sie ihr Erspartes, danach fielen sie auf vermeintliche Anwaltskanzleien herein.
Besonders perfide ist der sogenannte Love-Scam-Betrug, bei dem den Opfern vorgemacht wird, sie hätten im Internet eine „neue Liebe“ gefunden. Über Facebook glaubte eine Österreicherin, einen französischen Autohausbesitzer kennen und lieben gelernt zu haben. Die Frau überwies dem Mann zwischen April und Juli 2022 mehrere 10.000 Euro. Um die 540 Fälle dieser Art mit einer Gesamtschadenssumme von 6,5 Millionen Euro wurden im Vorjahr verzeichnet. Schon im ersten Halbjahr 2023 waren es schon rund 400 Betroffene, die eine Gesamtsumme von sechs Millionen Euro durch Betrügereien verloren.
Diese Kriminellen sind oft bandenmäßig organisiert und haben ein extrem gut geschultes Personal.
Manuel Scherscher, Bundeskriminalamt
Bild: APA/GEORG HOCHMUTH
„Diese Kriminellen sind oft bandenmäßig organisiert und haben ein extrem gut geschultes Personal“, weiß Scherscher. Sie unterhalten eigene Call-Center, über die die Opfer kontaktiert werden. Zuletzt konnte ein derartiges Call Center in Indien zerschlagen werden.
Fake-Web-Shops
Bestellbetrügereien mit Fake-Web-Shops zogen im Vorjahr auch 14 Millionen Euro aus den Taschen der Betroffenen. Dieses Jahr waren es schon zehn Millionen Euro. „Die Täter nutzen die Schnelllebigkeit des modernen Lebens aus“, gibt BK-Chefinspektor Horst Hakala zu bedenken. Das günstigste Angebot ist auch leicht und schnell mit nur einem Klick am Handy gekauft.
Auch Phishing-Mails oder -Nachrichten mehren sich. Anfang dieses Jahres kursierten SMS, in denen vorgegeben wurde, man müsse dem Finanzamt 350 Euro überweisen, um die Pfändung des Hausrats zu verhindern. „Die meisten Leute haben wenig Zeit oder nehmen sich nicht die Zeit, um sich Gedanken zu machen, was sie da eigentlich tun“, verrät Hakala. Die Täter seien Fischer und die Opfer sind Fische, die auf die unterschiedlichsten Arten Köder anbeißen.
Aufklärung der Betrügereien
Den Schwindel mit den 350 Euro zur Rettung des vermeintlich auf dem Spiel stehenden Hausrats konnte das Bundeskriminalamt rasch „abdrehen“. Ermittler stellten fest, dass bei den Empfängerkonten österreichische IBAN-Nummern verwendet wurden. Das Bundeskriminalamt schaltet daher die Geldwäschemeldung ein, als diese IBAN-Nummern überprüft werden sollten. Dies passierte, wenn Kontakt zur Bank aufgenommen wurde. Am Ende ließen sich über 20 IBANs der Täter-Gruppierung zuordnen.
Das auf den entsprechenden Konten eingegangene Geld wurde eingefroren, ehe es von den Kriminellen abgezogen werden konnte. Eine Viertelmillion Euro konnte so wieder den richtigen Besitzern rückerstattet werden. Was die Ausforschung der Täter betrifft, gibt es laut dem Bundeskriminalamt „konkrete Verdachtsmomente“ und einen genehmigten „Ermittlungsplan“. Um die laufenden Erhebungen nicht zu gefährden, können aber keine weiteren Details bekannt gegeben werden.
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