Bereits 50.000 Tote

Kein Ende in Sicht in Mexikos blutigem Drogenkrieg

Ausland
28.12.2011 10:07
Der blutige Drogenkrieg, der Mexiko seit fünf Jahren erschüttert, scheint kein Ende zu nehmen. In einem Jahr endet die Amtszeit von Präsident Calderon. Viele hoffen damit auf ein Ende des von ihm begonnenen Kampfes der Drogenkartelle, welcher bereits rund 50.000 Todesopfer forderte. Erst am Sonntag wurden in einem Lkw im Nordwesten des Landes 13 Leichen entdeckt.

Als Präsident Felipe Calderon bei seinem Amtsantritt im Dezember 2006 der organisierten Kriminalität den Krieg erklärte, wurde Mexiko im wesentlichen von einigen Drogenkartellen kontrolliert. Vor allem im Norden des Landes hatte der Staat das Machtmonopol an die Kartelle verloren, die mit zunehmender Brutalität nicht nur die Schmuggelrouten in die USA kontrollierten, sondern ganze Regionen beherrschten. Sie nennen sich etwa Golf-, Sinaloa-, Juarez- und Tijuana-Kartell.

Heute, fünf Jahre später, hat sich die Lage keineswegs gebessert. Im Gegenteil: Das Vorgehen des Staates gegen die großen Kartelle provozierte deren Aufspaltung, führte zum Entstehen neuer paramilitärischer Banden, die sich teilweise untereinander bekämpfen.

Genaue Zahl der Drogenbanden unbekannt
Wie viele es von ihnen gibt, vermögen auch Experten kaum mehr zu sagen. Die bekanntesten Kartelle sind die "Familia Michoacana", von der sich inzwischen die "Caballeros Templarios" abgespaltet haben, sowie die "Los Zetas", ehemalige Elitesoldaten, die nun als Killerbande des Golfkartells dienen.

Anfang 2010 machten sich "Los Zetas" selbstständig. Sie versuchten, ihre früheren Auftraggeber zu entmachten und sind inzwischen in ganz Mexiko präsent. Andere kriminelle Banden nennen sich "Mano con Ojos", "Los Pelones", "Los Antrax", "La Resistencia", "Matazetas", "Acapulco" oder "Pacifico Sur".

Krieg wird immer unübersichtlicher
So unüberschaubar wie die Zahl der Banden, so unübersichtlich ist der Krieg gegen sie geworden. Es gibt keine klaren Fronten. Seit einem Jahr hat die Regierung nicht einmal mehr die aktuellen Opferzahlen mitgeteilt. Jeden Tag sterben schätzungsweise zwischen 20 und 70 Menschen, darunter viele Zivilisten wie Frauen und Kinder. Auch Politiker und Journalisten geraten immer wieder zwischen die Fronten oder ins Fadenkreuz der Drogenbanden.

Von Anfang an war auch Calderon klar, dass ein schneller Sieg nicht zu erreichen ist. Bei verschiedenen Gelegenheiten bekräftigte er, der Kampf werde weit länger dauern als seine Amtszeit. Mehrere Zehntausend Soldaten sind inzwischen gegen die Drogen-Kartelle im Einsatz. Es ist ein regelrechter Kreuzzug geworden, der Mexiko vor dem Untergang retten soll.

Forderungen, die Sicherheitskräfte angesichts der hohen Opferzahlen zurückzuziehen, erteilt Calderon eine Absage. "Ein Zurückweichen der Sicherheitskräfte vor der kriminellen Welt würde bedeuten, den Verbrechern eine Lizenz zum Entführen, Erpressen und zum Töten der Bürger zu geben", warnt er.

Polizei korrupt und infiltriert von Banden
Doch heute scheint nicht einmal mehr klar, wer eigentlich der Feind ist. Viele korrupte Polizisten stehen im Sold der Kartelle. Eigentlich zum Schutz der Menschen bestimmt, werden sie bestochen, um wegzuschauen, oder sind als Bandenmitglieder direkt an Verbrechen beteiligt.

Menschenrechtsverletzungen seitens staatlicher Institutionen haben in den vergangenen Jahren zugenommen. Sie werden von der Regierung teils verharmlost, in Kauf genommen oder geleugnet. Wie zahnlos der Staat inzwischen ist, zeigte sich etwa im Fall des Friedensaktivisten Nepomuceno Moreno Nunez, dessen Sohn vor einem Jahr von Polizisten entführt wurde.

Monatelang zog Moreno Nunez durchs Land, um auf das Schicksal seines Sohnes aufmerksam zu machen. Bei einem Treffen mit Calderon im Oktober bat er den Präsidenten um Schutz, da er selbst Todesdrohungen erhalten habe. Calderon soll daraufhin nach Medienberichten auch entsprechende Anweisungen erteilt haben. Dennoch wurde Moreno Nunez wenig später erschossen.

"Die Toten stammen aus den unteren Schichten"
Immer wieder tauchen neue Opfer des blutigen Krieges, bei dem mittlerweile jeder gegen jeden kämpft, auf. Zuletzt wurden von einer Militärpatrouille 13 Leichen in einem verlassenen Lastwagen gefunden. Neben den Ermordeten im nordwestlichen Bundesstaat Tamaulipas lagen Transparente mit Botschaften über die Rivalität zwischen verschiedenen Drogenkartellen. Die medienwirksam aufbereiteten Festnahmen ranghoher Drogenhändler und -bosse haben bisher nur wenig zur Eindämmung der blutigen Konflikte beigetragen.

Nach Ansicht des Experten Edgardo Buscaglia handelt es sich in Mexiko um einen Krieg zwischen Verbrecherbanden, die aus Politikern, Unternehmern, Kriminellen und Mitgliedern legaler wie illegaler bewaffneter Einheiten bestehen. "Es ist ein Kampf um Territorien, um die Drogen und andere kriminelle Aktivitäten. Die oben bekämpfen sich, aber die Toten stammen aus den unteren Schichten".

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