Bremse, Blinker, Hupe

E-Scooter: Experten für technische Nachrüstungen

Web
19.04.2023 13:44

E-Scooter sind aus der urbanen Mobilität kaum mehr wegzudenken. Aber der Boom hat auch Schattenseiten: 2022 starben vier Menschen bei Unfällen, 3600 landeten im Spital, hinzu kommt Ärger über herumliegende Roller. Verkehrsexperten wie Versicherungen plädieren, die Gefährte mit Blinkern, Hupen und Bremsen auszustatten, Helm- und Versicherungspflicht seien zu diskutieren. Linz will indes mit technischen Nachrüstungen dem Kreuz-und-quer-Parken einen Riegel vorschieben.

In Österreich sind E-Scooter rechtlich als Fahrräder normiert - im Gegensatz etwa zu den Niederlanden, wo sie als Mopeds gelten. Othmar Nagl, Vorsitzender des Instituts für Versicherungswirtschaft, kritisierte in einer Pressekonferenz anlässlich einer Tagung zum Thema am Mittwoch, dass es derzeit keine Vorschriften gebe, wie die Roller ausgestattet sein müssen. „Handzeichen geben ist eine große Herausforderung“, weiß er als Scooter-Benutzer aus eigener Erfahrung. Verkehrssicherheitsexperten wie Versicherer würden eine zweite Bremse, einen Blinker und eine verpflichtende Glocke bzw. Hupe für angebracht halten, auch eine Helmpflicht wird als sinnvoll erachtet.

Zwei Haupt-Unfallursachen
Denn der E-Scooter-Boom schlägt sich auch in den Unfallstatistiken nieder: Laut Hochrechnung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV) gab es in Österreich 2020 rund 1300 Unfälle mit Verletzten, die im Spital behandelt werden mussten, 2021 etwa 2700 und im Vorjahr 3600. Auch vier Tote wurden 2022 gezählt. Unfallursachen seien meist Unachtsamkeit und Selbstüberschätzung. 25 Prozent der Unfälle passieren auf der Fahrbahn, ein Drittel auf Gehsteigen, wo man eigentlich gar nicht fahren darf. Auch Helme sind nicht besonders gängig: Lediglich 17 Prozent würden einen tragen, unter den Leih-Scooter-Fahrern gar nur ein Prozent, rechnete KfV-Geschäftsführer Christian Schimanofsky vor.

In Linz bieten derzeit drei Firmen E-Scooter zum Leihen an. In der Hauptsaison sind rund 1500 dieser Roller im Stadtgebiet unterwegs, so Verkehrsreferent und Vizebürgermeister Martin Hajart (ÖVP). Zum Vergleich: Leih-Fahrräder an öffentlichen Stationen gibt es rund 400. Auch in Linz sorgen herumstehende oder -liegende E-Scooter immer wieder für Ärger. Dass man sie am Gehsteig nur dann abstellen darf, wenn dieser mindestens 2,5 Meter breit ist, dürfte nur den wenigsten bekannt sein.

Linz verschärft Regeln für E-Scooter
Die oberösterreichische Landeshauptstadt hatte zunächst mit einem Verhaltenskodex reagiert, nun will man nachschärfen. In der Pressekonferenz umriss Hajart die Eckpunkte des neuen Konzepts, das kommende Woche präsentiert werden soll: Künftig werde es rund 100 Stationen geben, an denen man die Scooter leihen kann und auch wieder retournieren muss. Es sei möglich, die Roller so zu programmieren, dass ihr Standort auf 20 Zentimeter genau eingegrenzt werden kann. Wird der Scooter nicht am richtigen Platz abgestellt, laufen die Leihgebühren weiter - wie es auch bei Leihfahrrädern gehandhabt wird.

Letzte Meter künftig nur zu Fuß
Der Nachteil für die Nutzer liegt auf der Hand: Die „letzte Meile“, etwa zum Wohnhaus, muss man künftig zu Fuß gehen. Dafür sollen herumliegende Roller endlich der Vergangenheit angehören und kein Sicherheitsrisiko mehr darstellen. E-Scooter komplett zu verbieten, wie es Paris vorhat, würde er für „eine Kapitulation der Stadt“ halten, so Hajart, aber es brauche Regeln. „Man hat ja auch Autos nicht verboten, weil es viele Unfälle gab, sondern man hat die Gurtenpflicht eingeführt.“ Er will zudem die E-Scooter-Verleihe in Linz auch im Osten und im Süden der Stadt weiter ausbauen. Linz geht damit einen ähnlichen Weg wie Wien, das den Leih-Scootern ebenfalls nicht völlig den Garaus machen, sie aber besser in Schach halten will.

„Heftige Auswirkungen“ durch „Versicherungslücke“
Die Versicherer sehen bei den E-Scootern über verkehrsplanerische Aspekte hinaus zudem „eine gewisse Versicherungslücke“, wie Doris Wendler, Vorstandsdirektorin der Wiener Städtischen, sagt. Denn es gebe keine gesetzliche Versicherungspflicht - zumindest nicht, solange das Gefährt nicht mehr als 25 km/h fährt und nicht mehr als 600 Watt hat. Die gesetzliche Unfallversicherung gelte nicht für den privaten Bereich und auch nicht für Leute, die nicht im Erwerbsleben stehen. „Die wenigsten sind sich darüber im Klaren, dass Freizeitunfälle heftige Auswirkungen haben können“, warnte Nagl.

 krone.at
krone.at
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare
Eingeloggt als 
Nicht der richtige User? Logout

Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.

User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.



Kostenlose Spiele