Wegen illegaler Einflussnahme Russlands wurde im Vorjahr die Präsidentschaftswahl in Rumänien annulliert. Damals zog der rechtsextreme und prorussische Kandidate Calin Georgescu in die Stichwahl ein. Am Sonntag ist der Urnengang wiederholt worden – ohne Georgescu. Auch diesmal zog ein Rechtsaußen-Politiker in die Stichwahl ein. Die Regierungskoalition steht unterdessen nach dem Scheitern ihres Kandidaten vor dem Aus. Regierungschef Marcel Ciolacu gab am Montagabend seinen Rücktritt bekannt.
Der rechtspopulistische Politiker George Simion (38) landete am Sonntag mit 40,96 Prozent auf Platz eins, während der parteifreie Bukarester Bürgermeister Nicusor Dan 20,99 Prozent der Stimmen erhielt und ebenfalls in die Stichwahl einzog.
Entscheidung über Rumäniens Zukunft
Dan stellt sich auf eine schwierige Endrunde ein. Was als Nächstes anstehe, sei de facto eine Debatte über die Zukunft Rumäniens – nämlich, ob das Land fortan eine feindliche Richtung gegenüber den Westen einschlage oder weiter prowestlich orientiert bleibe, stellte der liberalkonservative, proeuropäische Bürgermeister am Montag klar. Bürgerinnen und Bürger seien daher aufgefordert, diese „Schlacht“ gemeinsam mit ihm zu schlagen. Seine Pflicht sei es, die Menschen davon zu überzeugen, dass der prowestliche Weg der einzig richtige sei. Das sei zwar nicht leicht, doch bleibe er optimistisch, „dass wir es letztlich schaffen“, sagte der 55-Jährige.
Simion tauchte indes noch in der Wahlnacht ab – der 38-Jährige trat nicht vor die Journalisten, sondern zog es vor, sich per Videoansprache an seine Wähler zu wenden. Der Politiker der nationalistischen Allianz für die Union der Rumänen (AUR) versicherte darin, dass er als Präsident, wie versprochen, den prorussischen Rechtsextremisten Calin Georgescu mit einem hohen Amt, voraussichtlich jenes des Regierungschefs, betrauen werde, da das Land dessen „Vision“ brauche.
Simion profitiert von der Wut auf etablierte Politiker
Georgescu, gegen den die Staatsanwaltschaft seit Februar ermittelt, war als Simions Verbündeter aufgetreten. Am Wahltag gingen die beiden sogar demonstrativ gemeinsam zur Stimmabgabe. Seine Videoansprache hielt er anschließend vor einer Ikonen-besetzten Kulisse. Rumänischen Politbeobachtern zufolge kopiert der 38-Jährige augenscheinlich die bisherige Wahlkampfstrategie Georgescus: Statt an Debatten teilzunehmen, mache er lieber prophetische Ansagen vor mystisch-religiöser Kulisse.
„Dies ist nicht nur ein Wahlsieg“, sagte Simion in seiner ersten Reaktion. „Es ist ein Sieg der rumänischen Würde. Es ist der Sieg derjenigen, die die Hoffnung nicht aufgegeben haben, derjenigen, die noch immer an Rumänien glauben, an ein freies, respektiertes und souveränes Land.“ Simion profitierte von einer Welle der Wut der Bevölkerung auf etablierte Politiker. Er steht der EU kritisch gegenüber und sieht sich auf einer Linie mit US-Präsident Donald Trump. Simion plädiert für eine Wiederherstellung der Landesgrenzen von 1940 und beansprucht damit Gebiete von Bulgarien, Moldawien und der Ukraine.
Regierungschef tritt zurück
Rumäniens Regierungskoalition steht nach der Wahlpleite ihres Kandidaten Crin Antonescu, der den Einzug in die Stichwahl trotz der Unterstützung dreier Regierungsparteien verpasst hat, vor dem Aus. In einer Dringlichkeitssitzung forderten am Montagvormittag sowohl Spitzenpolitiker der postkommunistischen Sozialdemokraten (PSD) als auch der Liberalen (PNL) den umgehenden Rücktritt von Regierungs- und PSD-Chef Marcel Ciolacu. Dessen Unbeliebtheit habe zu einer neuen Protestwahl geführt und sich für den Koalitionskandidaten Antonescu als deutlicher „Hemmschuh“ entpuppt, so der Tenor. Wenig später gab Ciolacu tatsächlich seinen Rücktritt bekannt.
Der scheidende Chef der Sozialdemokraten erklärte weiter, dass seine Partei mit sofortiger Wirkung aus der Regierungskoalition austrete. Das Kabinett bleibt damit höchstens 45 Tage lang im Amt, wobei Interimspräsident Ilie Bolojan Koalitionskreisen zufolge den parteifreien Bildungsminister Daniel David zum kommissarischen Regierungschef ernennen dürfte. Nach der Stichwahl vom 18. Mai und Angelobung des neues Staatsoberhauptes wird dieses sodann als eine seiner ersten Amtshandlungen den Regierungsauftrag vergeben.
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