Klartext für Athen

Merkel und Sarkozy: Reformen, oder ab in die Pleite

Ausland
15.09.2011 10:00
In der Diskussion um die Zukunft Griechenlands wird endlich Klartext geredet: Alle zugesagten Reformen müssten "strikt und effektiv" umgesetzt werden, sonst gebe es kein frisches Geld, mahnten die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy den griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou in einem Krisentelefonat. Die Pleite Griechenlands wäre dann höchstwahrscheinlich die Folge.

Merkel und Sarkozy hätten ihrem Gesprächspartner den Ernst der Lage sehr deutlich gemacht, hieß es auch aus Teilnehmerkreisen. Die deutsche Kanzlerin und Frankreichs Präsident lehnten in dem Telefonat zugleich jede Debatte über einen Ausschluss des Landes aus der Euro-Zone ab. "Merkel und Sarkozy sind überzeugt, dass die Zukunft Griechenlands in der Euro-Zone ist", teilte Steffen Seibert, der Sprecher der deutschen Regierung, mit. Diese Zusicherung wurde laut ihm für nötig erachtet angesichts der aktuellen Debatten, dass Griechenland notfalls die Euro-Zone verlassen müsse.

Athen will hartes Sparprogramm einhalten
Merkel und Sarkozy erklärten, es sei "mehr denn je unerlässlich", die Entscheidungen der Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone vom 21. Juli mit dem zweiten Griechenland-Rettungspaket und einem verstärkten Euro-Rettungsschirm EFSF umzusetzen, um die Stabilität der Euro-Zone sicherzustellen. Die Umsetzung sei nötig, damit die griechische Wirtschaft zu einem nachhaltigen und ausgeglichenen Wachstum zurückfinde: "Der Erfolg der Anpassung Griechenlands wird die Stabilität der Euro-Zone festigen."

In einer Erklärung des griechischen Regierungssprechers hieß es nach dem Telefonat am Mittwochabend, Athen werde das ihm verordnete harte Sparprogramm einhalten. "Angesichts der Gerüchte der letzten Tage haben alle betont, dass Griechenland unzertrennlicher Teil der Euro-Zone ist." Griechenland sei entschlossen, alle seine Verpflichtungen zu erfüllen. Auch der deutsche Sprecher Seibert erklärte: "Der griechische Ministerpräsident hat die absolute Entschlossenheit seiner Regierung bestätigt, alle nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um die gegebenen Zusagen in ihrer Gesamtheit umzusetzen."

Polnischer Finanzminister schließt Krieg in Europa nicht aus
Indes hat der polnische Finanzminister Jacek Rostowski, der derzeit Vorsitzender im EU-Finanzministerrat ist, mit einer brisanten Aussage aufhorchen lassen: Rostowski schloss mittel- und langfristig einen Krieg in Europa nicht aus, wenn es zu einem Zerfall der Euro-Zone und der Europäischen Union kommt. "Wir dürfen nicht zulassen, dass es dazu kommt", sagte er am Mittwoch vor dem Europaparlament in Straßburg.

Rostowski schilderte den Abgeordneten von einem persönlichen Gespräch mit einem Ex-Kollegen im Finanzministerium, der nun Vorstandsvorsitzender einer großen polnischen Bank sei. Dabei sei es um die gegenwärtige Euro-Krise gegangen. "Er sagte, nach derartigen wirtschaftlichen und politischen Turbulenzen kommt es selten so, dass man zehn Jahre später noch eine Kriegskatastrophe verhindern kann", so Rostowski. "Ich denke im Ernst daran, eine US-Greencard für meine Kinder zu erwerben", gab der Finanzminister die Worte seines Freundes wieder.

Zuvor hatte Rostowski mit eindringlichen Worten vor einem Auseinanderbrechen der Euro-Zone gewarnt und appelliert, ein Pleiteszenario für Griechenland mit allen Mitteln zu verhindern. "Heute dürfen wir keine Zweifel daran haben, dass Europa in Gefahr ist", sagte er. "Die Euro-Zone muss gerettet werden." Einen "Schock" bei einem Scheitern "würde Europa auch nicht überdauern".

"Gigantische Turbulenzen könnten uns ins Verderben stürzen"
"Wir dürfen nicht zulassen, dass es zu einer Zahlungsunfähigkeit kommt", sagte Rostowski, dessen Land nicht der Euro-Zone angehört. Dies wäre eine "Katastrophe" für das Bankensystem und für die EU. Rostowski lobte die von der Europäischen Zentralbank verfolgte umstrittene Politik, Staatsanleihen von hoch verschuldeten Ländern zu kaufen. Damit habe sie für Stabilität gesorgt und "Europa gerettet".

"Es gibt Ängste auf dem Markt vor gigantischen Turbulenzen, die Europa ins Verderben stürzen könnten", so Rostowski. Er warnte auch vor einem dramatischen Anstieg der Arbeitslosigkeit, wenn die Euro-Krise noch ein bis zwei Jahre anhalte. Auch in den reichsten Euro-Ländern wäre dann möglicherweise mit einer Verdoppelung der Arbeitslosigkeit zu rechnen.

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