Über 150 Lehrkräfte, die eigentlich schon im Ruhestand sind, helfen derzeit beim Unterricht von ukrainischen Kindern mit. Die „Krone“ hat Rudolf Hüttner (77) aus Vorchdorf begleitet.
Seit 20 Jahren ist Rudolf Hüttner (77) aus Vorchdorf in der Pension – doch jetzt kehrte er zurück ins Klassenzimmer seiner alten Schule: Er hilft mit beim Deutschunterricht von ukrainischen Kindern, die von daheim flüchten mussten. Beim „Krone“-Lokalaugenschein in der Mittelschule Vorchdorf steht er mit einem Apfel vor den elf Schülern, eifrig zeigen sie auf, machen beim Unterricht mit – „er schält“, „ich schäle“, sagen die Kinder in bereits sehr gutem Deutsch.
„Es ist für mich selbstverständlich, dass ich helfe“
„Die Stimmung ist gut, es sind alle sehr wissbegierig“, so der Lehrer. Man sieht ihm an, wie viel Freude es ihm bereitet, zu helfen und wieder zu unterrichten: „Ich habe acht Enkerl, das älteste ist 18. Wenn mein Enkelsohn jetzt in der Ukraine wäre, wäre er schon eingezogen worden, und die anderen hätten mit den Müttern flüchten müssen. Wenn man sich da hineinversetzt, wie es uns umgekehrt gehen würde, ist es für mich selbstverständlich, dass ich helfe.“
Ich habe nach 20 Jahren Pension natürlich nicht damit gerechnet, dass ich noch mal zurückkomme. Das war schon eine gewisse Umstellung, aber es funktioniert alles super.
Ex-Lehrer Rudolf Hüttner (77)
Erfahrungen mit türkischen und bosnischen Kindern
Vor mehr als 30 Jahren begann der gebürtige Vorchdorfer in der Hauptschule seiner Heimatgemeinde als Lehrer. Direktorin Sonja Staudinger bezeichnet ihn als „wandelndes Lexikon“. In den 80er- und 90er-Jahren hatte er sich bereits um türkische und um bosnische Kinder gekümmert: „Damals, als diese Kinder gekommen sind, war auch kurz die Frage ,Was machen wir mit ihnen?’. Dadurch hab’ ich schon etwas Erfahrung für die jetzige Situation mitgebracht“, so Hüttner.
„Stimmung unter den Kindern ist sehr positiv“
Einmal in der Woche unterrichtet er für zwei Stunden, doch er ist nicht alleine. Auch ein 82-Jähriger kehrte in Vorchdorf zurück ins Klassenzimmer. Aber nicht nur pensionierte Pädagogen helfen mit, auch zwei Lehrerinnen der Mittelschule sind beim Deutschunterricht im Einsatz. Eine davon ist Margarete Kienesberger (60) aus Gmunden, die bei der Organisation neben der Direktorin eine entscheidende Rolle spielte und in diese Aufgabe auch ehrenamtlich sehr viel Zeit fließen lässt: „Die Stimmung unter den Kindern ist angesichts der Situation sehr positiv. Die sind dankbar um jedes Wort, das wir mit ihnen sprechen. Auch unsere Schüler haben die Ukrainer wirklich gut aufgenommen“, erzählt sie.
Diese Kinder sind so herzlich. Eine Schülerin ist zum Beispiel ohne Familie da, nur ihr Freund ist auch bei uns. Die nimmt alles so dankbar an und umarmt mich immer wieder.
Lehrerin Margarete Kienesberger (60)
Zukunft ist ungewiss
Über die Flucht aus der Heimat wird aber kaum gesprochen, hier ist man vorsichtig: „Man weiß nicht, was sie wirklich erlebt haben. Aber wenn sie darüber reden wollen, hören wir alle gerne zu und sind da.“ Ob die Schüler auch im Herbst noch in Vorchdorf sind, ist ungewiss: „Falls sie noch da sind, wollen wir sie vollständig in die normalen Klassen integrieren. Wir hoffen ja alle, dass doch noch Frieden kommt, und die wollen alle zurück in ihre Heimat“, so Kienesberger.
Auch Direktorin Sonja Staudinger ist froh, helfen zu können: „Nicht nur für die Kinder ist es gut, bei uns ein soziales Leben aufzubauen. Auch den Eltern tut es gut, wenn sie mal einen Vormittag für sich haben.“
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