„Aufgaben erfüllt“

So verkauft Russland Rückschläge als Erfolge

Ausland
25.03.2022 22:23

Ungeachtet von Berichten über hohe Verluste in der Ukraine hat der russische Generalstab nach einem Monat Krieg verkündet, dass „im Großen und Ganzen“ die „grundlegenden Aufgaben der ersten Etappe der Operation erfüllt“ seien. Das neue Hauptziel sei nun die Befreiung des Donbass, erklärte der Vizechef des russischen Generalstabs, Sergej Rudskoj. Nach Ansicht westlicher Militärexperten reagiert Russland mit dieser Darstellung auf die stockenden Vorstöße auf Kiew und andere große Städte.

Ein hochrangiger Vertreter des US-Verteidigungsministeriums sagte in einem Briefing mit Journalisten mit Blick auf die russischen Truppen: „Sie sind auf den Donbass konzentriert.“ Ein russischer Vormarsch auf die Hauptstadt Kiew sei derzeit nicht zu beobachten. „Sie graben sich ein, sie bauen Verteidigungspositionen auf.“

„Den ukrainischen Widerstand eindeutig unterschätzt“
Der Pentagon-Vertreter sagte weiter: „Offensichtlich haben sie ihre Fähigkeit, Kiew einzunehmen, überschätzt. Und offen gesagt haben sie ihre Fähigkeit überschätzt, irgendein Bevölkerungszentrum einzunehmen: Und sie haben den ukrainischen Widerstand eindeutig unterschätzt.“

Man habe nie geplant, die großen Städte - also etwa Kiew, Charkiw, Sumy oder andere große Zentren, die belagert werden - zu stürmen, „um Zerstörungen zu verhindern und Verluste unter Soldaten und Zivilisten zu minimieren“, sagte Rudskoj. Dies sei zwar nicht mehr ausgeschlossen, der Fokus in der neuen Operationsphase gelte aber jetzt der Donbass-Region, also die Separatistengebiete Donezk und Luhansk. Wie viele Operationsphasen vorgesehen sind, sagte der Vize-Generalstabschef nicht.

Ambitionen zurückgeschraubt?
Damit steckt sich die russische Regierung nun offenbar kleinere Ziele: Zu Beginn des Krieges hatte der russische Präsident Wladimir Putin noch getönt, dass die ukrainische Regierung eine „Bande von Neonazis“ sei, die gestürzt werden müssen. Jetzt scheint ein Regimewechsel in Kiew von Russland nicht mehr angestrebt zu werden.

Der Militärexperte Michael Kofman vermutet ebenfalls, dass der Kreml so versucht, seine Rückschläge als Erfolge zu verkaufen. Wenn russische Truppen Mariupol einnehmen würden, so könnten sie dann erklären, dass ihre „Entnazifizierungskampagne“ geklappt habe, da die ostukrainische Stadt die Basis des paramilitärischen Regiments Asow ist, dessen Angehörige rechtsextreme Positionen vertreten. „Zumindest kann man sich vorstellen, wie diese Geschichte zu einer Erfolgsstory für das heimische Publikum gesponnen werden könnte“, erklärte Kofman auf Twitter. Vize-Generalstabschef Rudskoj, sagte am Freitag jedenfalls, der Kampf um Mariupol gehe weiter.

Kampfpotenzial „erheblich reduziert“
Was die „Entmilitarisierung“ angeht, die als ein weiteres Ziel von Moskau bei seiner „militärischen Sonderoperation“ genannt wurde, so sei das Kampfpotenzial der ukrainischen Streitkräfte „erheblich reduziert“ worden, erklärte Rudskoj. Inzwischen seien 93 Prozent des Gebiets Luhansk und 54 Prozent des Gebiets Donezk nicht mehr unter ukrainischer Kontrolle, sagte er. Die ukrainischen Streitkräfte hätten gut ein Viertel ihrer zunächst knapp 60.000 Soldaten in der Gegend verloren. Er hob auch hervor, dass in den vergangenen sieben Tagen kein Söldner mehr in die Ukraine gekommen sei, die Zahl dieser Kräfte sinke.

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