Die Ukraine setzt Gesichtserkennungssoftware von Clearview AI ein, um die Leichen gefallener russischer Soldaten zu identifizieren und ihre Familien ausfindig zu machen. „Aus Höflichkeit gegenüber den Müttern dieser Soldaten verbreiten wir diese Informationen über die sozialen Medien, damit die Familien zumindest wissen, dass sie ihre Söhne verloren haben, und damit sie die Möglichkeit haben, die Leichen abzuholen“, sagte der ukrainische Vizepremierminister Mykhailo Fedorow.
Clearview AI hatte der ukrainischen Regierung vor rund einer Woche angeboten, seine Technologie kostenlos einzusetzen, um russische Angreifer aufzuspüren, Fake News zu bekämpfen und die Gefallenen zu identifizieren. Das Fotomaterial, das zur Identifizierung herangezogen wird, hat das US-Unternehmen unter anderem beim „Russen-Facebook“ VKontakte abgesaugt.
Gegner der Gesichtserkennung, darunter auch Bürgerrechtsgruppen, lehnen die Einführung der Clearview-Software in der Ukraine ab. Sie verweisen auf mögliche falsche Identifizierungen.
Illegale Massenüberwachung
Clearview AI war einer breiten Öffentlichkeit im Jänner 2020 durch einen Artikel der „New York Times“ bekannt geworden. Daraus ging hervor, dass das Unternehmen in den USA bereits mit Behörden wie dem FBI und dem Heimatschutzministerium zusammenarbeitet.
Firmengründer Hoan Ton-That räumte gegenüber der Zeitung ein, dass Clearview mit dem automatisierten Sammeln von Nutzerfotos gegen die Nutzungsbedingungen von Facebook und anderen Netzwerken verstößt.
Datenschutzbeschwerden in der EU
Erst im vergangenen Mai hatten Datenschutzorganisationen in mehreren europäischen Ländern, darunter auch Österreich, Beschwerde gegen das auf Gesichtserkennung spezialisierte Unternehmen eingelegt. Die Verwendung der Bilder „geht weit über das hinaus, was wir als Online-Nutzer jemals erwarten könnten“, erklärte der Rechtsexperte von Privacy International, Ioannis Kouvakas. „Nur weil etwas online ist, ist es nicht automatisch Freiwild, das sich andere auf beliebige Weise aneignen können - das ist weder moralisch noch rechtlich zulässig“, sagte Alan Dahi, Datenschutzjurist der österreichischen Datenschutzorganisation noyb.
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