In Wien erschossen

Finale im Prozess um Mord an Umar Israilov

Österreich
31.05.2011 18:13
Im Prozess um den am 13. Jänner 2009 in Wien-Floridsdorf erschossenen tschetschenischen Asylwerber Umar Israilov ist am Dienstag im Straflandesgericht das Beweisverfahren abgeschlossen worden, die Urteile werden am Mittwoch fallen. Als allerletzter Zeuge wurde noch ein Mann zu einem tschetschenischen Kulturverein befragt, den der Hauptangeklagte Otto K. gründen wollte.

Der von Verteidiger Rudolf Mayer eingebrachte Beweisantrag auf eine allenfalls im Rechtshilfeweg zu bewerkstelligende Einvernahme des tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow als Zeuge wurde abgewiesen - "wegen Undurchführbarkeit", wie Gerichtspräsident Friedrich Forsthuber zu Protokoll gab.

Die Moskauer Generalstaatsanwaltschaft habe auf ein auf die Einvernahme Kadyrows gerichtetes Rechtshilfeersuchen nicht reagiert. Da seit Übermittlung der Papiere mittlerweile vier Monate vergangen sind, "ist in keinster Weise damit zu rechnen, dass das Rechtshilfeersuchen in absehbarer Zeit erledigt wird. Es ist davon auszugehen, dass Moskau es nicht beantworten wird", stellte Forsthuber fest.

Frage nach Verbindung zu Kadyrow bleibt offen
Damit bleibt die Frage offen, ob – wie von Staatsanwalt Leopold Bien auf Basis eines Berichts des Wiener Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung in seiner Anklageschrift angedeutet – Kadyrow tatsächlich Drahtzieher eines Komplotts war, das Israilov das Leben kostete. Das LVT hatte jedenfalls in seinem Abschlussbericht einen "definitiven Tötungsauftrag" vom Juni 2008 erwähnt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die ursprüngliche Intention darauf gerichtet war, den 27 Jahre alten Israilov gewaltsam nach Tschetschenien zu bringen, nachdem dieser gegen Kadyrow ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in die Wege geleitet hatte.

Gesamtverantwortung für die Operation bei Otto K.?
Otto K. war dem Vernehmen nach ein enger Vertrauter Kadyrows. Der 42-jährige, in St. Pölten wohnhafte Versicherungsmakler mit tschetschenischen Wurzeln soll bei der geplanten Entführung der Anklage zufolge "die Gesamtverantwortung für die Operation, deren logistische Vorbereitung und Koordinierung" innegehabt und "Kontakt zur tschetschenischen Führung" gehalten haben. Der Hauptangeklagte im Israilov-Prozess soll weiters dem Zweitbeschuldigten Suleyman D. den Auftrag erteilt haben, "Umar Israilov zu überwältigen und zu verbringen oder ihn, falls dieses Vorhaben scheitern sollte, zu töten", heißt es in der Anklage. Der 36-jährige Suleyman D. war der Darstellung zufolge intensiv in die Planung eingebunden.

Angegriffen wurde Israilov nach Ansicht des Staatsanwalts von einem Mann namens Letscha B. und dem Drittangeklagten Turpal-Ali Y. (31). Von Letscha B., der die tödlichen Schüsse auf Israilov abgegeben haben soll, fehlt jede Spur. Er hatte sich nach der Tat ins Ausland abgesetzt, dürfte sich mittlerweile wieder in Tschetschenien aufhalten und soll von Kadyrow mit einem ranghohen Posten in der Miliz bedacht worden sein.

Zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft drohen
Den drei Angeklagten drohen im Falle von Schuldsprüchen im Sinn der Anklage, die auf Mord, versuchte Überlieferung an eine ausländische Macht und Bildung einer kriminellen Vereinigung lautet, jeweils zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft. Mit der Urteilsverkündung ist vermutlich erst in den Nachtstunden zu rechnen, da die Geschworenen bei ihrer Beratung einen umfangreichen Fragenkatalog "abarbeiten" müssen.

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