Gegen Prölls Idee

SP und Betriebsrat gegen Flughafen-Privatisierung

Niederösterreich
30.05.2011 13:10
Die SPNÖ und der Betriebsrat des Airports können der Idee des Niederösterreichischen Landeshauptmanns, den Flughafen Wien-Schwechat zu privatisieren, nichts abgewinnen. Am Montag sprach sich der rote - Verkehrssprecher Gerhard Razborcan ausdrücklich dagegen aus, die Entscheidungsgewalt aus der öffentlichen Hand zu geben. Bis Donnerstagmitternacht ist außerdem die letzte Gelegenheit für Bewerber für die zwei ausgeschriebenen Vorstandsposten.

"Gemeinsam mit NÖ und Wien wollen wir die Mehrheit aufrechterhalten", betonten die Vorsitzenden des Angestellten- und Arbeiterbetriebsrats, Manfred Biegler und Dieter Rozboril.

Sollten die Anteile unter 50 Prozent fallen, würden die Beschäftigten die Rechnung präsentiert bekommen, befürchtete Biegler. "Die Mitarbeiter sind sehr verunsichert", unterstrich Rozboril. Ein Infrastrukturunternehmen eigne sich nicht für Privatisierungen.

Austria-Tabak-Werk als schlechtes Beispiel
Über Parteigrenzen hinweg würde ein Anteilsverkauf vor allem in der Region Schwechat negativ gesehen und die Privatisierungsideen von Landeshauptmann Erwin Pröll als "gefährliche Drohung" aufgefasst, verwies Razborcan auf die Bedeutung des Airport als Wirtschaftsmotor, großer Arbeitgeber und Verkehrsdrehscheibe. Der Flughafen sei in den vergangenen Jahren wirtschaftlich erfolgreich, der Anteil des Landes etwa 176 Millionen Euro wert.

Aus Sicht des SP-Politikers kämen als Interessenten andere Flughäfen infrage - mit der Intention, Geschäft aus Schwechat abzusaugen -, oder genossenschaftliche Interessen: Beidem erteile die SPNÖ eine Absage. Mit der bevorstehenden Schließung des Austria-Tabak-Werks in Hainburg an der Donau als warnendem Beispiel hatten die Sozialdemokraten ihre strikte Ablehnung einer Privatisierung des Flughafens am 19. Mai im Landtag deponiert.

75 Interessenten für Posten als Flughafenvorstand
Bis zum Wochenende waren es 75 Interessenten die sich beim Personalberater Zehnder gemeldet hatten, um sich für einen der zwei ausgeschriebenen Vorstandsposten. Bis zum Ablauf der Frist dürften es an die 90 werden.

Fest stehen dürfte, dass es in dem von drei auf zwei reduzierten Vorstand künftig keinen Vorstandsvorsitzenden mehr geben wird. Bei einem Zweiervorstand seien zwei gleichberechtigte Vorstände zu bevorzugen, hieß es. Aus der Riege der Bewerber wird die Personalberatung die bestgeeigneten Kandidaten auf eine Shortlist setzen. Die Shortlist soll diese oder Anfang nächster Woche vorliegen.

Favorisiert wird für den Luftfahrt/Aviation-Bereich einschlägige Expertise, also Berufungserfahrung bei einem Flughafen oder einer Airline. Da gibt es Interessenten aus dem In- und Ausland. Flughafenintern ist der Malta-Airport-Chef Julian Jäger interessiert, der angeblich von weiten Teilen des roten Gesellschafters (Stadt Wien) gestützt wird. Für ihn müsste der amtierende Vorstand Gerhard Schmid den Sessel räumen. Schmid selbst hatte sich bis zuletzt Hoffnungen gemacht, von SP-Seite für eine Wiederkandidatur unterstützt zu werden. Schmids schwarzer Vorstandskollege Ernest Gabmann hat vorige Woche bereits offiziell kundgetan, dass er sich nicht mehr für den Vorstand bewirbt.

Keine Chance für Petrovic bei politisch gefärbten Vorstandskür
Für die Vorstandssparte Finanzen/Controlling ist dagegen keine Praxis im Luftverkehrsbetrieb nötig. Da gab es viele Namen, die von Beginn weg ventiliert wurden. Neben dem Ex-Post-Vorstand Herbert Götz, dem in informierten Kreisen keine hinreichende Chance auf einen Airport-Führungsjob nachgesagt wird, wird seit Anfang des Bewerbungsprozesses Burgenland-Holding-Vorstand Günther Ofner genannt.

Im Aktionärskreis wäre man zudem froh, würde der Flughafen Wien international eine Vorreiterrolle bei der Vorstandsbestellung mit Expertinnen übernehmen. Unter den Frauen, die sich beworben haben, ist die Grün-Politikerin Madeleine Petrovic, die sich für Finanzen/Immobilien interessierte. Ihr werden bei der wohl weiterhin politisch gefärbten Vorstandskür keinerlei Chancen eingeräumt.

Würde sich hingegen die frühere ÖBB- und jetzige Raiffeisen-Immobilienmanagerin Michaela Steinacker bewerben, wären maßgebliche niederösterreichische VP-Vertreter sofort für sie.

Für viele Beobachter schwer vorstellbar wäre, dass Vorstände der zwei Airlines, die Wien als "Home-Hub" haben, am Flughafen ans Ruder kommen. Otmar Lenz, Chef von Niki Laudas flyniki, wird nach mehreren Jahren abermals Gusto auf die Kandidatur am Flughafen nachgesagt. Dem AUA-Vorstand Peter Malanik wurde dies nur kurz zugeschrieben, bevor das heftig dementiert wurde.

Vorstandschef will Verfassungsrichter werden
Nach Vorliegen der Shortlist sollen Hearings mit den Kandidaten stattfinden, voraussichtlich bis Ende Juni. Wie berichtet soll in der zweiten Junihälfte bzw. spätestens in der ersten Juliwoche klar sein, wer am Flughafen das Ruder übernimmt. Realistischer Termin für den Amtsantritt ist der 1. Oktober. Sollte ein Bewerber freilich erst später aus seinem bisherigen laufenden Vertrag aussteigen können, wäre für diesen auch der 1. Jänner eine Option.

Der bisherige Interimsvorstandschef Christoph Herbst, der erst vor fünf Monaten vom Aufsichtsratsvorsitz an die Vorstandsspitze berufen worden war, hat sich nicht mehr beworben. Er hat sich vielmehr Ende voriger Woche für den freigewordenen Posten als Verfassungsrichter in Stellung gebracht. Sollte er zum Verfassungsrichter bestellt werden, scheidet er auch aus dem Aufsichtsrat des Airports aus.

Am Flughafen Wien ist innerhalb eines halben Jahres zum zweiten Mal die Führung vakant. Im Dezember hatte ein Köpferollen einen Streit um die Verantwortung der Baukostenexplosion "Skylink" fürs erste beendet. Der damalige Vorstandschef Herbert Kaufmann musste per Ende Dezember 2010 gehen, an seiner Stelle zog vorübergehend - für längstens ein Jahr - der damalige Aufsichtsratschef Herbst an die Vorstandsspitze. Ebenfalls vorzeitig beendet worden waren Ende vorigen Jahres die Vorstandsverträge von Gabmann und Schmid, und zwar per 31. Dezember 2011. Noch offen ist, wie mit den Rest-Laufzeiten ihrer Verträge umgegangen wird, wenn die neue Spitze tatsächlich schon mit 1. Oktober einzieht.

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