Buch & Album

Rockstar Nikki Sixx rekapituliert seine Jugendtage

Musik
25.11.2021 06:00

Mit dem Leben von Mötley-Crüe-Boss Nikki Sixx kann man Bücher füllen - was der Rockstar auch zur Genüge getan hat. In „The First 21“ beleuchtet er seine frühen Jahre und erzählt uns, wie er von Franklin Ferrana jr. zu Nikki Sixx wurde. Im „Krone“-Gespräch geht er dabei ins Detail.

(Bild: kmm)

Sucht man den personifizieren Inbegriff eines Rockstars, ist man bei Nikki Sixx definitiv an einer guten Adresse. Nicht nur, dass er als Bassist und Songwriter von Mötley Crüe eine Weltkarriere machte, mit Sixx A.M. als Bandchef reüssierte und zuletzt auch zunehmend als Buchautor von sich hören ließ, begleiteten ihn zeit seines Lebens mächtige Skandale. Seine Alkohol- und Drogensucht führte sogar zu zwei Nahtoderlebnissen, herbeigeführt mittels Überdosis. Die skandalträchtigen 80er von Mötley Crüe wurden in „The Dirt“, einer der besten Rockbiografien, detailreich und bewusst ausschweifend wiedergegeben, doch Sixx hat seine Geschichte längst schon weitererzählt. Nach den 2007 veröffentlichten, vielbeachteten „Heroin Diaries“ folgte 2013 „This Is Gonna Hurt“, wo er seine achterbahnartige Lebensgeschichte mit seiner Liebe für Fotografie verband. Von den Jahren des Exzesses und des Hedonismus scheint man nun alles zu wissen, also hat sich der 63-Jährige zurückgezogen und seine frühen Jahre rekapituliert. Das Ergebnis nennt sich schlicht „The First 21: How I Became Nikki Sixx“ und gibt Fans und Interessierten einen weniger schillernden Einblick in die frühe Lebenswelt des schillernden Bassisten.

Harte Kindheit
Hauptgrund dafür war die altersbedingte Standortveränderung, die Sixx unlängst durchführte. „Ich bin vor kurzem mit meiner Familie nach Wyoming gezogen“, erklärt er der „Krone“ im Interview, „ich kann hier fischen, jagen und mit dem Schneemobil durch die Gegend fahren, außerdem ist es ein großartiger Platz um meine zweijährige Tochter Ruby zu erziehen und sie aufwachsen zu sehen. Im Endeffekt bin ich jetzt nur mehr zwei Stunden entfernt von dem Ort, an dem mein Leben begann.“ Vor Nikki Sixx gab es Franklin Carlton Serafino Ferrana jr. 1958 von einer erst 17-jährigen Mutter und einem viel älteren Vater im ländlichen Idaho in die Welt gesetzt, war ihm anfangs wenig Glück beschieden. Das Glück der Eltern hielt nicht lange, seine zwei Jahre jüngere Schwester Lisa wurde mit Down-Syndrom nur zwei Jahre nach ihrer Geburt in einer Klinik verfrachtet und die Mutter übergab den kleinen Frank wegen Überforderung an die Großeltern nach Seattle. Sein alkoholsüchtiger Vater war da schon längst kein Teil seines Lebens mehr. Diese schwierige Beziehung sorgte auch dafür, dass sich Sixx Jahre später offiziell in Nikki Sixx umtaufen ließ.

„Mein Vater war alles andere als ein guter Kerl, seinen Namen wollte ich nicht behalten.“ Die Ursachen für sein exzentrisches Leben in den späten 70ern und 80er-Jahren sieht Sixx mitunter dort verortet. „Als ich das erste Mal in der Rehab-Klinik eincheckte, fragte man mich, ob es in meiner Familie Alkoholkranke oder Drogensüchtige gab. Da fiel bei mir der Groschen.“ Für „The First 21“ recherchierte Sixx intensiv im Familien- und Freundeskreis. Dabei erkannte er Querverbindungen und Muster, die ihm Antworten auf bislang unbeantwortete Fragen bescherten. „Wenn man sich meine Kindheit so ansieht, braucht man sich nicht darüber wundern, dass ich Songs wie ,Live Wire‘, ,Shout At The Devil‘, ,Looks That Kill‘ oder ,Knock ‘Em Dead, Kid‘ geschrieben habe.“ Im großelterlichen Daheim Seattle entdeckte der junge Teenager seine Liebe zur Rockmusik. „Im Paramount Theatre gab es ein Konzertpaket mit Kansas, KISS und Rush, das gerade einmal zwei Dollar gekostet hat“, sinniert er lachend, „ich habe auch Deep Purple und Led Zeppelin in dieser Stadt gesehen.“

Startschwierigkeiten
Mit 17 schnappt sich Ferrana den Basskoffer und steigt in einen Greyhound-Bus, um nach Los Angeles zu fahren. Was für ein Glück, dass sein Onkel Don Zimmerman ist und damals Chef von Capitol Records war. Eine durchaus angenehme Starthilfe. „Hollywood ist nicht umsonst der ,Boulevard Of Broken Dreams‘. Wo wären all die großen Stars gelandet, wenn sie es nicht dort versucht hätten? Der Sprung war gewaltig, aber er war auch notwendig.“ In L.A. lernt er den späteren W.A.S.P.-Frontmann Blackie Lawless kennen und spielt in seiner Band Sister, 1978 gründet Ferrana mit einem guten Kumpel und Sister-Bandkollegen London, womit auch das Leben von Nikki Sixx beginnt. „Wir haben beschlossen uns ähnlich den Ramones Pseudonyme zu geben. Ich spielte ein bisschen herum und blieb dann bei Sixx.“ Aus der angestrebten Weltkarriere am Sunset Boulevard wird zwar nichts, dafür ruft Sixx ein paar Jahre später mit Drummer Tommy Lee Mötley Crüe ins Leben. „The First 21“ endet freilich schon vorher und hat eine andere Message als die des großen Erfolgs.

„Ich wollte über das Aufwachsen, meine Entwicklung und das Entdecken von Musik und Vinyl als meine Lebensgrundlage schreiben. Die Geschichten von meinen Drogeneskapaden, Nahtoderfahrungen und Unfällen kennt man zur Genüge, aber ich habe noch nicht erzählt, warum ich so schreibe, wie ich eben schreibe. Ich las viel Bukowski und Kerouac, verehrte die Sex Pistols und Cheap Trick. Daraus entstanden die Songs für London. Wir dachten, wir würden die größte Band der Welt werden, brachen aber wenig später auseinander. Ich hatte damals zwei Optionen: Entweder gehe ich zurück nach Idaho und arbeite auf einer Farm, oder ich bleibe dran und lege alles in die Musik.“ Der Ausgang der Entscheidungsfindung ist weithin bekannt. „Es ist wichtig, immer weiterzumachen. Das Buch dreht sich primär um drei wichtige Säulen im Leben: arbeite hart, gib niemals auf und hör auf, dich andauernd über Dinge zu beschweren.“ Ganz ohne Pathos und „American Dream“-Geruch kommt das Werk natürlich nicht aus, aber wer Sixx‘ beeindruckende, sich auf vielen Säulen befindliche Karriere verfolgt hat weiß natürlich, dass ihm trotz aller Querelen sehr viel aufging.

Zukunfts-Workaholic
Die einstige Skandalnudel hat sich über die letzten Jahre geerdet. Er ist seit Jahren trocken und hat für die Zukunft in vielerlei Hinsicht große Pläne. Mit Mötley Crüe steht 2022 eine große Stadiontour durch Amerika an. Nur Corona kann die Maschinerie noch stoppen. „Wenn alles glattgeht, dann kommen wir 2023 damit nach Europa. Aber garantieren kann man derzeit nichts.“ Mit Sixx A.M. veröffentlicht er parallel zum Buch das Album „Hits“ samt brandneuer Songs, daneben hat er während der Pandemie mit Rob Zombie, John 5 und Drummer Tommy Clufetos auch noch die Hollywood-All-Star-Rockband L.A. Rats ins Leben gerufen, die im Hintergrund sicher auch fleißig an Songs arbeitet. Und nachdem er sein komplettes Leben auserzählt hat, arbeitet er in der ländlichen Idylle Wyomings an einem ganz besonderen Projekt: einem Kinderbuch. „Kinder brauchen Positivität im Leben. Es soll um Toleranz und Gemeinschaft gehen.“ Rockstar und Landbewohner zu sein ist bei Sixx kein Widerspruch. „Ich arbeite am Kinderbuch, bin aber genauso bereit dafür, die Bühnen dieser Welt unter Feuer zu setzen.“

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