"Krone"-Interview

Rot-Kreuz-Chef: “Staat will Kosten auf uns abwälzen”

Oberösterreich
19.01.2011 15:35
Ende der Wehrpflicht, Ende des Zivildienstes – Oberösterreichs Rot-Kreuz-Präsident Leo Pallwein-Prettner fürchtet nun auch um seine freiwilligen Helfer. Im "Krone"-Interview spricht er über diese Sorge.

"Krone": Sie sind seit 27 Jahren ehrenamtlicher Präsident des Roten Kreuzes in Oberösterreich. Nun steht das Ende der Wehrpflicht – und damit auch das Ende des Zivildienstes in dieser Form – bevor.
Leo Pallwein-Prettner: Das ist für die Helfer ein Schock. Ohne Zivildiener ist ein Rettungsdienst, wie wir ihn derzeit haben, kaum noch möglich. Man spürt in unseren Kreisen bereits große Unsicherheit.

"Krone": Den Zivildienst gibt es erst seit dem Jahr 1974 – zuvor hat der Rettungsdienst ja auch funktioniert.
Pallwein-Prettner: Aber nicht in diesem Umfang. Da hatten wir zum Beispiel im Bezirk Urfahr-Umgebung nur eine Rot-Kreuz-Stelle in Bad Leonfelden. Wir haben seither in Oberösterreich 11.300 Zivildiener ausgebildet – jährlich haben wir etwa 550 Zivis. Damit konnte das Rettungssystem in unserem Bundesland so gut ausgebaut werden, dass 90 Prozent der Unfallopfer binnen zehn Minuten von Sanis und Ärzten versorgt werden können – um fünf Minuten schneller, als die EU vorgibt.

"Krone": Aber wir haben in Oberösterreich ja auch noch 16.575 freiwillige Helfer.
Pallwein-Prettner: Die stehen aber nicht ständig zur Verfügung. Nachts, an Wochenenden oder in Urlaubszeiten haben wir genug Ehrenamtliche im Einsatz, aber während der üblichen Arbeitszeiten nicht, da sind wir schon sehr stark auf Zivildiener angewiesen.

"Krone": Nun gibt es ja als Ausgleich den Vorschlag für ein freiwilliges Sozialjahr.
Pallwein-Prettner: Wenn – wie geplant – dafür 1.300 Euro pro Monat bezahlt werden, hat das ja mit Freiwilligkeit nichts mehr zu tun. Es besteht dann eher die Gefahr, dass wir unsere echten Freiwilligen, die ja unentgeltlich helfen, verlieren. Warum sollten sie das weiterhin gratis tun, wenn sie damit auch Geld verdienen können.

"Krone": Ein weiterer Vorschlag, über den die "Krone" bereits berichtet hat, heißt berufliche Umorientierung, wie es bei Post oder ÖBB diskutiert wurde.
Pallwein-Prettner: Im Rettungs- und Sozialbereich hat man oft mit schwerst verletzten und sterbenden Menschen zu tun. Das kann nicht jeder einfach so machen. Wir befürchten da eine negative Auslese.

"Krone": Was würde allgemein das Ende der Zivildiener für das Rote Kreuz bedeuten?
Pallwein-Prettner: Dass wir allein in Oberösterreich etwa 325 hauptberufliche Mitarbeiter einstellen müssten, was jährlich 11,2 Millionen Euro kosten würde. Zugleich hätten wir sieben Millionen Euro Wertverlust an Freiwilligenleistung der Zivis: 80 Prozent von ihnen bleiben nach ihrem Dienst im Schnitt etwa sechs Jahre als Ehrenamtliche beim Roten Kreuz. Insgesamt würde der Staat also hohe Kosten auf uns abwälzen.

Kronen Zeitung

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