CDU sackte ab

Deutsche Landtagswahlen: Siege für Grüne und SPD

Ausland
15.03.2021 06:56

Bei den Landtagswahlen zum Auftakt des deutschen Superwahljahrs 2021 haben sich die Grünen in Baden-Württemberg und die SPD in Rheinland-Pfalz jeweils klar als stärkste Kraft behauptet und der CDU schmerzhafte Niederlagen zugefügt. Die Grünen mit ihrem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann gewannen in Baden-Württemberg haushoch vor der CDU, in Rheinland-Pfalz lag die SPD von Regierungschefin Malu Dreyer ebenso deutlich in Führung.

Die CDU fuhr sechs Monate vor der Bundestagswahl schmerzhafte Verluste und stürzte in beiden Ländern jeweils auf das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte ab. In beiden Ländern könnten SPD, FDP und Grüne nun ein Ampel-Bündnis schmieden - und die CDU als je zweitstärkste Kraft außen vor bleiben. In der Union wachsen Befürchtungen, dies könne ein Signal auch für den Bund sein.

Spitzenkandidaten sicherten Wahlerflog
In beiden Bundesländern waren nach Analysen von Wahlforschern die populären Ministerpräsidenten Kretschmann und Dreyer Garanten für den Erfolg. Zugleich wurden die CDU-Spitzenkandidaten als farblos und ihre Landesverbände als wenig kompetent wahrgenommen. Die Pleiten der CDU sind teils hausgemacht. So gerieten zuletzt mehrere bisherige Bundestagsabgeordnete im Zusammenhang mit Masken-Geschäften unter Korruptionsverdacht - und es gab massive Kritik an CDU-Bundesministern wegen schleppender Corona-Impfungen, verschobener Massentestungen sowie verzögerter Nothilfezahlungen. Dazu kommt die noch ungelöste Frage, wer am 26. September als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl zieht - CDU-Chef Laschet oder doch CSU-Chef Markus Söder. Für Laschet könnten die Landtagswahlen da eine schwere Bürde bedeuten.

Grüner Sieg in Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg gewannen die Grünen mit ihrem - seit zehn Jahren - einzigen Ministerpräsidenten Kretschmann (72) dem vorläufigen Ergebnis zufolge 32,6 Prozent und 58 Sitze - ein Rekord sowohl im Land als auch bundesweit. Die CDU mit Kultusministerin Susanne Eisenmann an der Spitze schaffte nur 24,1 Prozent (42 Sitze) - ein historisch schlechtes Wahlergebnis in der einstigen CDU-Hochburg. Die Sozialdemokraten kamen auf 11,0 Prozent (19 Sitze), die Freidemokraten auf 10,5 Prozent (18 Sitze). Wahlsieger Kretschmann könnte seine Koalition mit der CDU als Juniorpartner fortsetzen oder aber auf ein Bündnis mit SPD und FDP umschwenken. Er kündigte an, mit allen Parteien außer der AfD über mögliche Bündnisse zu sprechen.

Er will jedenfalls dem Land weiter als Ministerpräsident dienen. „Es ist nicht nur die Corona-Krise, die von uns Kreativität, Besonnenheit und Entschlossenheit fordert.“ Es gelte, auch den Klimawandel zu begrenzen, den Strukturwandel der Wirtschaft zu meistern und die liberale Demokratie zu verteidigen. Eisenmann kündigte an, die Verantwortung für das „enttäuschende und desaströse Wahlergebnis“ zu übernehmen, sie strebt keine führende Rolle in der Partei mehr an.

CDU-Niederlage auch in Rheinland-Pfalz
In Rheinland-Pfalz kommt die SPD mit der 60-jährigen Dreyer an der Spitze laut vorläufigem Ergebnis auf 35,7 Prozent und 39 Sitze. Die CDU mit Christian Baldauf rutscht dagegen auf 27,7 Prozent (31 Sitze) ab - das schlechteste Ergebnis für die Christdemokraten in dem Bundesland. Der 53-Jährige hatte es im Wahlkampf unter massiven Corona-Beschränkungen schwer, gegen die parteiübergreifend beliebte Dreyer zu punkten. Die Grünen konnten mit 9,3 Prozent und 10 Sitzen ihr Ergebnis von 2016 erheblich verbessern. Die FDP kam auf 5,5 Prozent (6 Sitze). Neu in den Landtag einziehen werden die Freien Wähler mit ebenfalls 6 Sitzen. Sie lagen bei 5,4 Prozent.

Obwohl die SPD ebenfalls eines der schlechtesten Ergebnisse seit Jahrzehnten hinnehmen muss, ist die von Dreyer angestrebte Fortsetzung der Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen machbar; sie kündigte baldige Gespräche darüber an. Es ist das einzige derartige Bündnis in Deutschland. Seit 30 Jahren stellen die Sozialdemokraten nun schon die Regierungschefs in dem von Helmut Kohl und Bernhard Vogel geprägten Land - so lange wie in keinem anderen westlichen Flächenbundesland.

AfD rutschte unter zehn Prozent
Für die AfD war es in beiden Bundesländern erst die zweite Landtagswahl, sie blieb jeweils deutlich hinter den Ergebnissen von 2016 zurück, die politisch stark unter dem Eindruck der Flüchtlingskrise standen. In Baden-Württemberg erreichte die AfD 9,7 Prozent (17 Sitze/2016: 15,1 Prozent), in Rheinland-Pfalz 8,3 Prozent (9 Sitze/2016: 12,6 Prozent). AfD-Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel sagte, ihrer Partei sei „rechtswidrig der Verfassungsschutz auf den Hals gehetzt worden“. Zudem habe es „Repressalien auch gegen unsere Wahlkämpfer“ gegeben.

Die Linke verpasste mit 3,6 Prozent in Baden-Württemberg und 2,5 Prozent in Rheinland-Pfalz den Einzug in beide Landtage. Sie war in beiden Ländern noch nie im Parlament vertreten.

CDU gibt Maskenaffäre die Schuld
Die Parteispitze der Grünen reagierte hocherfreut auf die Wahlerfolge. „Es ist ein super Start ins Superwahljahr“, sagte Parteichef Robert Habeck. „Weitsicht und Pragmatismus“ seien nun der Auftrag an die Grünen als gesamte Bundespartei aus diesem Wahlabend.
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak begründete das schlechte Abschneiden seiner Partei mit der Lage in den Ländern und der Maskenaffäre der Union. Es habe in beiden Ländern keine Wechselstimmung gegeben, in der Krise vertrauten die Menschen den Regierungschefs.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sieht neue Koalitionsmöglichkeiten im Bund. „Dass heute eine Option sichtbar geworden ist, das ist doch ganz klar“, sagte der Vizekanzler am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“. Es sei ein wichtiges Signal zum Beginn des Wahljahres, „dass es eine Mehrheit ohne die Union in Deutschland geben kann“.

Viele Stimmen per Briefwahl
Wegen der Corona-Pandemie liefen die Wahlkämpfe im wesentlichen online oder übers Fernsehen und Interviews - und viele Stimmen wurden per Briefwahl abgegeben. Nach Einschätzung von Wahlforschern begünstigte der Corona-gedämpfte Wahlkampf zusätzlich die Amtsinhaber. Die Wahlbeteiligung sank im Vergleich zu den Wahlen vor fünf Jahren: In Baden-Württemberg (rund 7,7 Millionen Wahlberechtigte) lag sie bei 63,8 Prozent, in Rheinland-Pfalz (3,1 Millionen Wahlberechtigte) bei 64,4 Prozent. 2016 hatten jeweils 70,4 Prozent ihr Wahlrecht genutzt.

Quelle: APA/dpa

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