Ach übrigens...

Wolfsberg an der Donau

Vorarlberg
23.02.2021 15:30

„Krone“-Kolumnist Harald Petermichl schreibt über geografische Verwechslungen und skrupellose Umgehungen von Einreiseverboten.

Wolfsberg wäre noch immer die flächenmäßig drittgrößte Gemeinde Österreichs, hätten nicht irgendwelche Landvermesser 1991 den Gemeindeteil Frantschach-St. Gertraud aus ihr herauspräpariert und zur eigenständigen Marktgemeinde erklärt. Seither dümpelt man auf dem undankbaren sechsten Rang herum, sogar noch hinter Sölk, das bekanntlich durch die Zusammenlegung von Großsölk, Kleinsölk und Sankt Nikolai im Sölktal entstanden ist. Geografisch versierte Inländer*innen wissen, dass durch das 25.000-Seelen-Städtchen die Lavant plätschert, was man im Londoner Stadtteil Borough of Haringey, wo die Tottenham Hotspurs hausen, anders sieht und absolut davon überzeugt ist, dass Wolfsberg on the Danube liegt. Warum, ist schnell erklärt, denn als die "Spurs" am vergangenen Donnerstag auswärts beim WAC antreten mussten, fand das labdarúgó-mérközés in der schmucken Puskás Aréna in Budapest an der Donau statt.

Cineastisch bewanderte Mitglieder der Londoner Heißsporne mögen das als normal empfinden, weil sie als Kenner des Films "Forever My Love", bei dem es sich um eine englische Version des beliebten Sisi-Dreiteilers handelt, wissen, dass Romy Schneider nicht nur Kaiserin von Österreich, sondern auch Apostolische Königin von Ungarn war, und die beiden Länder daher wohl irgendwie zusammengehören. Im Vereinigten Königreich mit Schottland, Wales und Nordirland sollte einem so etwas ja durchaus vertraut sein. So gesehen müsste man um das Heimspiel in Budapest gar kein Aufhebens machen, weil die Engländer eh nichts gemerkt haben.

Allerdings haben wir es, wie ein Blick in den Europapokal-Kalender dieser Tage zeigt, mit keinem Einzelfall zu tun, denn auch Leipzig und Mönchengladbach tragen derzeit ihre Heimspiele in Budapest aus, während Atlético de Madrid als heimische Festung Bukarest vorzieht; eventuell lag hier bei der Reiseplanung ein Hörfehler vor, das ist aber nur eine Unterstellung. Molde FK aus Norwegen spielt zu Hause im spanischen Villareal und Benfica Lissabon schießt den Vogel ab, indem man erst daheim in Rom gegen Arsenal spielt, um eine Woche später zum Auswärtsspiel in Athen anzutreten, wo dann Arsenal die Heimkabine nutzen darf. Leider hat dieser Wahnsinn Methode und dient schlicht und ergreifend dazu, derzeit bestehende Einreiseverbote skrupellos zu umgehen und so der Welt mit zynischem Grinsen zu zeigen, dass Einnahmen aus Fernsehgeldern deutlich wichtiger sind als zumindest eine Spur von Anstand oder gar gesellschaftlicher Solidarität. Wieso wundert einen das nicht?

Harald Petermichl

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