Skandal in Norwegen
Eigene Landsleute ausspioniert – für US-Geheimdienst
"Wir haben davon nichts gewusst", erklärten zuerst Justizminister Knut Storberget und kurz danach auch Außenminister Jonas Gahr Störe. Letzterer sagte am Donnerstag in Oslo, seine Regierung habe bisher von der US-Botschaft "nicht alle gewünschten Antworten" bekommen. Sollten bei den Aktivitäten norwegische Gesetze verletzt worden sein, sei dies "eine ernste Angelegenheit".
Aus dem US-Außenministerium in Washington wiederum war als Echo zu den Medienberichten aus Oslo zu hören: Man habe in voller Übereinstimmung mit den norwegischen Behörden agiert.
Polizei bestätigt Dienste für die USA
Tatsächlich deuteten auch erste Äußerungen von Polizeivertretern darauf hin, dass die Skandinavier von den US-Aktivitäten mit norwegischem Personal durchaus wussten, sie aber offenbar nicht für problematisch hielten. Waren doch eigene Ex-Kollegen in zum Teil leitender Funktion beteiligt. So sorgte laut dem TV2-Bericht auch der 71-jährige Ex-Chef der Anti-Terror-Einheit der Osloer Polizei in US-Diensten dafür, dass Teilnehmer an US-kritischen Demonstrationen gefilmt und auch rund um die Uhr überwacht wurden.
Laut den norwegischen Medienberichten reichten etwa 15 bis 20 Spezialisten aus einer angemieteten Dachetage nahe der US-Botschaft Daten über Hunderte Personen weiter an den dortigen Sicherheitschef. Und von dort gingen sie, wenn die Medienberichte stimmen, in die riesige US-Anti-Terror-Datenbank SIMAS.
Von US-Seite wurde die Existenz der gut zehn Jahre alten Organisation SDU (Surveillance Detection Unit) keineswegs bestritten. Sie soll auch in anderen Ländern außerhalb der Vereinigten Staaten Aufklärung zur Verhinderung von Anschlägen auf Botschaften, Boftschaftsresidenzen und andere US-Gebäude betreiben.
"Es gibt ein extrem starkes Unbehagen"
Solche Sicherheitsinteressen seien völlig legitim, meinte am Donnerstag der Chefredakteur der Zeitung "Aftenposten", Kurt Stanghelle. Dafür könne man auch schon einmal einen Demonstrationszug abfilmen lassen. "Aber es gibt ein extrem starkes Unbehagen, wenn man nicht weiß, wie dieses Material zum Einsatz kommt", so Stanghelle.
Es gehe auch nicht an, dass ein Ex-Anti-Terror-Chef in norwegischen Diensten eine geheime Überwachungseinheit für ein anderes Land aufbaut - im eigenen Land. Der Justizminister hat eine Regierungserklärung im Parlament angekündigt.
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