Ja, es gibt sie noch, die BMWs, die den Markenkern „Freude am Fahren“ ganz hoch halten. Der BMW M8 Gran Coupé Competition ist einer davon. Und solange es Autos wie dieses gibt, brauchen sich monacophile Petrolheads eigentlich keine Sorgen zu machen. Eine Urgewalt. Und eine elegante noch dazu.
Steigt man hier aufs Gas und lässt die vollen 625 PS wahlweise auf alle vier oder nur auf die hinteren Räder los, kann man sich kaum vorstellen, dass BMW gerade so sehr die eigenen Bemühungen um Elektromobilität plakatiert, dass im Internet der Firmenzentrale in München - das berühmte Vierzylinder genannte Hochhaus - bereits vier zusammengestellte AA-Batterien als eigentliche Designvorlage zugeschrieben werden. Gut, es macht aus diesem Blickwinkel betrachtet keinen schlanken Fuß, dass die Produktion von Verbrennungsmotoren komplett aus München abgezogen wird und stattdessen E-Maschinen gebaut werden sollen.
Aber schlank ist der BMW M8 Gran Coupé auch nicht, obwohl er im Vergleich zu den zweitürigen Varianten Coupé und Cabrio eine Idee filigraner wirkt. 23 Zentimeter mehr Länge und 20 Zentimeter mehr Radstand tun der Optik gut. Es ist auch diese lange, flache Dachlinie, die sanft in einem leicht brachialen Heck ausläuft. Dort setzt der M8 sein Antriebsprinzip in Szene, die lackierte Karosserie zieht sich zurück, wie wenn sie die Zähne fletschen würde, und bleckt eine Carbon-/Kunststoffeinheit samt zwei Doppelendrohren, jedes einzelne Röhrl mit zehn Zentimetern Durchmesser gerade noch klein genug, dass die Nachbarskatze nicht zum Aufwärmen hineinkriechen kann, wenn man auf der Straße geparkt hat.
Komfort für vier
Dabei klingt der M8 gar nicht so auffällig, wie man angesichts der Heckpartie vermuten könnte. Sportlich, ja, aber nicht übertrieben, was es umso angenehmer macht, die Beschleunigung voll auszukosten. 3,2 Sekunden vergehen, bis der Zweitonner den Sprint auf 100 km/h absolviert hat, 11 Sekunden bis 200 km/h - und das in einer durchaus komfortablen Luxuslimousine. Wie bitte? Komfortabel? Ja, tatsächlich. Das Adaptivfahrwerk verwöhnt die Insassen im Komfortmodus geradezu. Im Rahmen der Möglichkeiten eines Sportfahrwerks. Vier Leute kommen sehr bequem unter, selbst hinten gibt es trotz Coupé-Dachlinie keine Einschränkung in Sachen Kopffreiheit. Passt gut, dass der Testwagen mit der optionalen Vier-Zonen-Klimaautomatik ausgestattet ist.
Das Fahrwerk will geschärft sein
Auf deutschen Autobahnen darf es dann aber schon der Sport-Plus-Modus sein, so viel Präzision muss bei höherem Tempo schon sein. Sehr cool, dass man sich zwei Setups programmieren und über die roten Tasten am Lenkrad abrufen kann. Das Fahrwerk hart, die Gaskennlinie steil, das Vergnügen groß. Die zwei Twinscroll-Turbolader schaufeln Luft in die acht V-förmig angeordneten Brennräume mit einem Hubraum von insgesamt 4,4 Litern, die Achtgangautomatik zappt perfekt durch und der starke Bayer beschleunigt derart vehement in die Abregelung, dass man glaubt, er durchbricht die Sperre und rast weiter Richtung Tempo 300. Geht prinzipiell, gegen Aufpreis erlaubt BMW 305 km/h. Standardmäßig wird bei 250 km/h abgeregelt (mit Option auf mehr), offiziell. Tatsächlich waren es GPS-gemessene 256 km/h. Bei der Gelegenheit erwähne ich den Testverbrauch: 13,2 l/100 km.
Die knapp zwei Tonnen Leergewicht macht der M8 fast vergessen, und das nicht nur beim Geradeausfahren. Die Lenkung dürfte allerdings gerne gefühlvoller agieren. Diese intuitive Verbindung zur Fahrbahn, die man sonst teilweise von BMW kennt, vermisse ich hier (die Allradlenkung aus den zivilen 8er-BMW-Varianten ist hier übrigens nicht erhältlich). Das ist aber auch so ziemlich der einzige Kritikpunkt, was das Fahren angeht. Der M8 ist agil, stabil und einfach sauschnell. Das elektronisch geregelte Sperrdifferenzial an der Hinterachse vermittelt die Kraft nach links und rechts, die der Allradantrieb nach hinten schickt. Der wiederum verteilt nach Bedarf zwischen 0 und 100 Prozent nach vorne und hinten, lässt sich hecklastig einstellen und bei abgeschaltetem DSC sogar auf Hinterradantrieb umschalten. In dem Fall muss einem dann allerdings bewusst sein, dass man mit 625 PS und 750 Nm bei 1800/min. schneller auf Youtube landen kann, als das Ego ein ausgebrochenes Heck samt Totalschaden verkraftet.
Von Österreich aus ist es nicht weit bis zu einer Strecke, auf der solche Geschwindigkeiten möglich und erlaubt sind, die relativ neue A94 bietet viel freie Fahrt. Allerdings kennt das Navi des Testwagens diese Autobahn noch nicht. Wie gut, dass ich mein Handy drahtlos via Apple CarPlay verbinden kann.
Abseits des Fahrens gibt es dann aber doch noch Kritik. Das digitale Tacho-Display des serienmäßigen BMW Live Cockpit Professional wird nicht ablesbarer, nur weil sie es mittlerweile in fast alle BMWs einbauen. Immerhin ist das großartige Head-up-Display hier serienmäßig. Und die Sitze sind zu eng, mir haben die Sitzwangen die Rippen beleidigt. Das macht auch das unterhalb der Kopfstütze sitzende beleuchtete M8-Logo nicht wett.
Unterm Strich
Ein tolles Auto, für das man allerdings 219.000 Euro bereit sein muss hinzulegen. Weil wer M8 sagt, sollte ihn auch gleich als „Competition“ bestellen, wenn schon, denn schon. Und auf dem Niveau schaut es dann auch komisch aus, wenn der Schriftzug fehlt, weil man sich die 22.000 Euro für das Competition-Paket gespart und dafür auf 25 PS und ein Bündel an cooler Ausstattung verzichtet hat.
Der Testwagen kommt sogar auf 252.378,- Euro, samt Carbon-Keramikbremse (allein die kostet schon über 11.000 Euro), M Carbon-Exterieurpaket oder „Bowers & Wilkins Diamond Surround Sound System“. Das M Driver‘s Package (Fahrertraining plus Topspeed-Anhebung von 250 auf 305 km/h) um gut 3000 Euro ist da noch nicht mit drin.
Wenn es nicht der volle Wahnsinn sein muss: Der BMW M 850i Gran Coupé mit 530 PS ist ab 145.100 Euro zu haben.
Wie lange wird es so etwas wohl noch geben? Also, nicht so einen Verbrennungsmotor, sondern - einen BMW mit adäquat dimensionierten Nieren ...
Warum?
Toller Antrieb
Bestechendes Fahrverhalten
Elegante Optik
Warum nicht?
Leicht gefühlsarme Lenkung
Oder vielleicht ...
... Porsche Panamera Turbo S, Audi RS 7, Mercedes-AMG GT 63 S
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