"Entführung geplant"

Anklage im Mordfall Israilov fix – hohe Politik verwickelt?

Wien
23.08.2010 18:22
Als ein 29-jähriger Tschetschene im Jänner 2009 auf offener Straße in Wien erschossen wurde, ist eines schnell klar gewesen: Es hat sich um eiskalte Hinrichtung gehandelt. Die Motive der Tat schienen zunächst unklar. Jetzt behauptet der Staatsanwalt in seiner Anklage, dass Tschetscheniens Präsident Ramzan Kadyrov im Hintergrund die Fäden gezogen hat. Eine Entführung sei geplant gewesen, die aber mit Mord geendet habe.

Verteidiger Rudolf Mayer wird wütend, wenn man ihn auf die vorliegende Anklage anspricht: "Sie ist ein Phantasieprodukt voller unlogischer Widersprüche." Phantastisch klingt es tatsächlich, was Staatsanwalt Leopold Bien an Indizien bei diesem Geheimdienstkrimi zusammengetragen hat. Denn einem der Beschuldigten wird eine gewisse Nähe zu Präsident Kadyrov nachgesagt. Es gibt Fotos, die Otto K. (42) in privater Umgebung mit dem Staatschef zeigen. Der gebürtige Russe soll die blutige Aktion in Wien geleitet haben.

Staatsanwalt geht von versuchter Entführung aus
Laut Anklage sei es das Ziel gewesen, das spätere Opfer Umar Israilov aus Österreich in die Heimat zurückzubringen. Dieser soll früher in Kadyrovs Leibgarde gedient, sich dann aber abgewendet haben. 2006 brachten er und sein Vater sogar eine Klage gegen sein Heimatland beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein. Israilov sollte die Klage zurückziehen, doch er weigerte sich. Schließlich erschien ein Russe bei der Polizei in Wien und behauptete, Israilov habe sechs Menschen erschossen, unter ihnen auch vier Mitglieder von Kadyrovs Präsidentenwache. Deshalb habe er von Kadyrov den Auftrag bekommen, Israilov in die Heimat zurückzubringen. Dieser Versuch scheiterte aber.

Anwalt will Zeugen aus höchsten Kreisen hören
Am 13. Jänner wurde Umar Israilov dann vor seinem Wohnhaus in Wien-Donaustadt überfallen, wie die Anklage sagt, sollte der Mann entführt werden. Er konnte den Tätern kurz entkommen, dann fielen aber die tödlichen Schüsse (Tatrekonstruktion siehe Bild). Der Mann, der sie abgefeuert hat, ist flüchtig. Auf der Anklagebank werden nun drei Personen sitzen: Otto K. als Organisator und zwei Mittäter. Von möglichen Entführungs- und Mordplänen wollen sie, wie Anwalt Peter Philipp erklärt, nichts gewusst haben. Und Rudolf Mayer, Verteidiger von Otto K., führt aus: "Mein Mandant wird ungerechtfertigt mit der Tötung in Zusammenhang gebracht. Unbedeutende, private Telefonate am Tattag werden als Beihilfe hochstilisiert. Jedenfalls müssen zwecks Aufklärung Zeugen aus höchsten ausländischen Kreisen gehört werden. Allenfalls auch in deren Ländern."

von Peter Grotter, Kronen Zeitung

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