Er verpackte die Welt

Künstler Christo mit 84 Jahren gestorben

Ausland
31.05.2020 22:41

Der Künstler Christo, der vor 25 Jahren auch das Reichstagsgebäude in Berlin verhüllte, ist tot. Er starb in New York im Alter von 84 Jahren, wie auf seiner Website mitgeteilt wurde und sein Büro am Sonntagabend der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Christo war besonders für seine Landschafts- und Verhüllungsinstallationen bekannt.

Wer glaubte, dass Christo in seinem silbern verpackten Berliner Reichstag oder seinen leuchtend gelben, schwimmenden Stegen auf einem See in Italien irgendeine tiefere Bedeutung sah, der irrte. „Es ist total irrational und sinnlos“, sagte der bulgarisch-amerikanischer Verpackungskünstler 2014 über seine Arbeiten. Doch die Schönheit seiner in abstrakte Objekte verwandelten Gebäude und Landschaften faszinierte Millionen. Nun ist Christo am Sonntag im Alter von 84 Jahren in New York gestorben.

Stets war es ein Spiel aus Form und Farbe, wenn der am 13. Juni 1935 als Christo Vladimiroff Javacheff im bulgarischen Gabrovo geborene Künstler wieder ein Stück Welt mit Kunststoffbahnen überzog.

Kunstwerke oft kilometerweit sichtbar
Zu den berühmtesten seiner weltweit realisierten Projekte zählten die safranfarbenen Tore im New Yorker Central Park („The Gates“), die schwimmenden, mit Nylongewebe bezogenen Stege auf dem Wasser des Iseo-Sees in der Lombardei („Floating Piers“) sowie der 1995 verhüllte Berliner Reichstag und die verpackte Pont Neuf in Paris.

Die teils aus vielen Kilometern Entfernung sichtbaren Installationen, etwa der „Valley Curtain“ in Colorado oder die gelben und blauen Riesen-Sonnenschirme in Japan und Kalifornien („The Umbrellas“), entstanden bald nur noch im Team. Mit seiner Frau Jeanne-Claude, mit der er seit den 90er-Jahren stets als Duo auftrat, kämpfte Christo von ersten Plänen bis zur Realisierung eines Projekts teils mehrere Jahrzehnte. Die aus Casablanca in Marokko stammende und am selben Tag wie Christo geborene Jeanne-Claude war 2009 im Alter von 74 Jahren in New York an einer Hirnblutung gestorben.

„Jeanne-Claude und ich, wir machen diese Dinge für uns selbst“, gab der Künstler mit dem weißen Kraushaar zu verstehen. „Wenn es jemand mag, ist es nur ein Bonus. Wir machen Dinge, die uns visuell gefallen.“ Der Weg sei dabei das Ziel: „Diese Projekte bringen uns an Orte, die so viel reicher sind als die Kunstwelt oder die Galerie oder das Museum. Wir können mit vielen verschiedenen Menschen arbeiten. Es ist ein Abenteuer und sehr aufregend und töricht.“

„Naiv und arrogant, zu glauben, dass dieses Ding für immer bleibt“
Die Vergänglichkeit der temporären Großinstallationen erinnerte stets auch an die Flüchtigkeit des Lebens selbst. „Es ist irgendwie naiv und arrogant, zu glauben, dass dieses Ding für immer bleibt, für die Ewigkeit“, bemerkte Christo zur Zeit der Reichstagsverhüllung.

Leuchtende Kunststoffflächen, Bauwerke und Landstriche, wie zu überdimensionalen Geschenken oder Paketsendungen verpackt - faszinierende Bilder werden von Christos Arbeiten in Erinnerung bleiben. Dass heute fast keine mehr davon zu sehen ist, dürfte ihre Pracht nur verstärkt haben. „All diese Projekte haben eine starke Dimension des Fehlens, der Zurückhaltung“, sagte Christo zur Reichstagsverhüllung. „Sie werden verschwinden, wie unsere Kindheit, unser Leben.“ Erst das mache die Erfahrung so intensiv.

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