Macht Lockdown Sinn?

Gedankenspiel: Wenn nur Wien in Quarantäne muss

Wien
20.05.2020 06:00

Politisch aus heutiger Sicht unvorstellbar: ein Lockdown, wie wir ihn schon hatten, nur für die Stadt. Wir wagen das Gedankenexperiment: Wenn Wien Wuhan wäre.

Sollte der „pandemische Tsunami“, den ÖVP-Innenminister Karl Nehammer verhindern will, doch Wien erreichen, könnte die Stadt als einziges Bundesland von Österreich abgeschottet werden? Ein Lockdown nur für die Wiener, alle anderen sind frei?

Politisch gesehen aus heutiger Sicht abwegig. Aber was würde theoretisch passieren?

  • Wieder massive Umsatzeinbrüche: Minus 90 Prozent im Beherbergungs- und Gastronomiesektor. Das bedeutet Umsatzeinbußen von 77 Millionen Euro pro Woche. Im Handel wäre es ein Minus von 816 Millionen Euro in der Woche.
  • Im April stieg die Arbeitslosigkeit inklusive Schulungsteilnehmer um 56.948 Personen im Vergleich zum Vorjahr. Und erreichte ein Niveau von 197.367 Personen in ganz Wien. Ein zweiter Lockdown würde den Trend noch massiv fördern. Schon jetzt sind 250.000 Beschäftigte in Kurzarbeit.
  • Es wäre wohl auch der Todesstoß für einen großen Teil der Klein(st)unternehmen und für die Kunst und Kultur.
  • Einbruch der Mobilität: Bei den Wiener Linien gäbe es wieder einen Rückgang von 80 Prozent. Auswirkungen hätte das aber auch für Niederösterreich und das Burgenland. 260.000 Personen pendeln in Normalzeiten täglich nach Wien. Abertausende würden mit Maßnahmen wie in der Stadt Wuhan in China sofort ihre Jobs verlieren. Und sie wären von der medizinischen Versorgung abgeschnitten. 30 Prozent aller Niederösterreicher werden in Spitälern in anderen Bundesländern versorgt - drei Viertel von ihnen übernimmt Wien.
  • 170.000 Personen, die nicht in Wien leben, besitzen hier einen Zweitwohnsitz. Sie könnten die Stadt mit einem Mal nicht mehr erreichen.
  • Die Wirtschaftsleistung in Wien beträgt übrigens rund 100 Milliarden Euro, das ist ein Viertel der Wertschöpfung Österreichs.

Isolation wohl nur für Nationalratswahlen interessant
Laut dem Verfassungsjuristen Heinz Mayer könnte ein solcher Lockdown nur durch die Gesundheitsbehörden verfügt werden. Betrifft es Gebiete über Wien hinaus, könnte der Gesundheitsminister dies veranlassen. Politisch wäre die Isolationshaft der Stadt mit Blick auf die Wien-Wahl sowieso Selbstmord. Außer man möchte mit einer solchen Aktion in allen anderen Bundesländern punkten. Wohl nur interessant, wenn man auf Nationalratswahlen schielt.

Michael Pommer, Kronen Zeitung

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