Anti-Atom-Protest

120 Kilometer lange Menschenkette gegen AKW

Ausland
24.04.2010 23:35
Massenprotest gegen Atomkraftwerke: Zum Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl und zwei Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen haben mehr als 100.000 Kernkraftgegner in ganz Deutschland friedlich gegen die Atompolitik der deutschen Bundesregierung demonstriert. Höhepunkt war eine 120 Kilometer lange Menschenkette zwischen den beiden stillstehenden norddeutschen Meilern Krümmel und Brünsbüttel. Spitzenpolitiker von Sozialdemokraten und Grünen beschworen eine Wiedergeburt der Anti-AKW-Bewegung.

"Es ist gelungen: Über 120 Kilometer entlang der Elbe und quer durch Hamburg steht die Kette gegen Atomkraft", erklärten die Veranstalter der Aktion unter dem Motto "Kettenreaktion - Atomkraft abschalten" am Samstagnachmittag. Sie sprachen von 120.000 Teilnehmern. Die Polizei in Schleswig Holstein zählte nach eigenen Angaben "deutlich mehr als 100.000 Teilnehmer."  "Wenn das Thema nicht so ernst wäre, könnte man von einem Straßenfest sprechen", sagte eine Polizeisprecherin.

"Die Menschen werden sich wehren"
"Das ist der Auftakt des Widerstandes. Die Menschen waren ja froh darüber, dass der Ausstieg aus der Atomkraft Schritt für Schritt passiert ist. Jetzt wollen CDU und FDP das bis zu 28 Jahre verlängern. Dagegen werden sich die Menschen schon ziemlich wehren", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Der Grüne Fraktionschef Jürgen Trittin sprach von einem neuen Schulterschluss der Anti-Atom-Bewegung mit den Grünen: "Die Anti-AKW-Initiativen kämpfen wieder gemeinsam mit uns, weil sie erkannt haben, dass dies der schnellste Ausstieg der Welt ist. Herr Röttgen (CDU-Umweltminister Norbert Röttgen, Anm.) aber möchte den Bürgern den Ausstieg scheibchenweise präsentieren." Zuvor hatten Gabriel und Trittin in Interviews unabhängig voneinander erklärt, ein rot-grüner Wahlsieg in Nordrhein-Westfalen könnte den von der christlich-liberalen Koalition geplanten Ausstieg aus dem Atomausstieg doch noch aufhalten.

Gabriel war am Samstagnachmittag gemeinsam mit dem schleswig-holsteinischen SPD-Vorsitzenden Ralf Stegner von Westen her und die beiden Grünen-Spitzenpolitiker von Osten auf der Bundesstraße 431 zwischen Elmshorn und Glückstadt westlich von Hamburg zusammengekommen. Sie fassten sich an den Händen und schlossen die Menschenkette.

100.000 gegen Atomkraft
Nach Angaben der Veranstalter reihten sich 120.000 Menschen in die Menschenkette ein. Laut Polizei waren es auf schleswig-holsteinischem Gebiet rund 60.000 und auf Hamburger rund 33.000, zusammen also rund 93.000. Weitere Aktionen des Aktionstags unter dem Motto "Atomkraft abschalten" waren in Nordrhein-Westfalen am Zwischenlager Ahaus, wo laut Veranstalter 6.000 Menschen und laut Polizei 4.700 Menschen demonstrierten, und an der Urananreicherungsanlage in Gronau. In Biblis in Südhessen "umzingelten" nach Angaben der Veranstalter rund 20.000 Menschen den Atommeiler, der mit Neckarwestheim zu den ältesten in Deutschland noch laufenden gehört. Die Polizei zählte rund 10.000 Demonstranten.

Gabriel sagte der "Bild am Sonntag": "Klar ist: Wenn Schwarz-Gelb in NRW abgewählt wird, gibt es im Bundesrat keine Mehrheit für einen Ausstieg aus dem Atomausstieg." Trittin sagte im Deutschlandradio Kultur, es gehe um die Frage, ob Union und FDP auch im Bundesrat eine Mehrheit für Laufzeitverlängerungen und die Bremsung der Erneuerbaren Energien hätten. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe warf der Opposition hingegen vor, Angst vor der Kernenergie zu schüren. "Die Kernenergie ist für uns eine Brückentechnologie. Diese Brücke soll uns ins Zeitalter der regenerativen Energien führen", sagte er der "Neuen Ruhr/Neue Rhein Zeitung" vom Samstag.

Die Explosion am 26. April 1986 im damals zur Sowjetunion gehörenden ukrainischen Tschernobyl war der bisher folgenschwerste Unfall in einem Atomkraftwerk. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO starben vermutlich 9.300 Menschen an den Folgen der Strahlung.

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