IT-Sicherheitsforscher des heimischen Unternehmensberaters SEC Consult haben eine gravierende Schwachstelle in den vernetzten Überwachungskameras eines chinesischen Herstellers entdeckt, die weltweit - auch in Österreich und Europa - millionenfach im Einsatz sind. Die Schwachstelle erlaubt es Angreifern nicht nur, die Kameras zu kapern und in digitale Waffen zu verwandeln, sondern auch auf das mit ihnen gesammelte Bildmaterial zuzugreifen.
Weil die Überwachungskameras des chinesischen Herstellers Xiongmai, der als OEM-Hersteller auch für andere Marken fertigt, über eine standardmäßig aktivierte Fernwartungsschnittstelle verfügen und ständig mit dem Internet verbunden sind, sind sie ein gefundenes Fressen für Hacker.
Fernwartungsschnittstelle als Einfallstor
Leider hat das Unternehmen bei der Implementierung der Fernwartungsschnittstelle geschlampt, berichtet SEC Consult. Die Fernwartungs-ID eines Gerätes kann leicht herausgefunden werden, oftmals sind die Kameras mit unsicheren Standard-Zugangsdaten - Nutzername: Admin, kein Passwort - versehen. Alles in allem ergibt sich damit ein großes Risiko für Nutzer der Kameras. Diese können im Grunde auf drei verschiedene Arten zum Opfer werden, warnen die Unternehmensberater.
Spannerei, Spionage, DDoS-Überlastungsangriffe
Hacker könnten die Schwachstellen nutzen, um sich in die Videoüberwachung einzuklinken und Benutzer zu beobachten oder - wenn eine Kamera mit Gegensprecheinrichtung ausgestattet ist - mit diesen zu kommunizieren. Sie könnten gezielt Überwachungskameras in sensiblen Einrichtungen kapern, um dort Geheimnisse abzugreifen. Und sie könnten die Kameras in digitale Waffen verwandeln und in Botnetze eingliedern, um dann mit ihnen DDoS-Überlastungsangriffe auf unliebsame Server zu unternehmen.
Kameras könnten zu digitalen Waffen werden
Gerade das letzte Szenario ist nicht unrealistisch, immerhin wurden in den letzten Jahren Cyberangriffe mit enormer Intensität beobachtet, die von solchen Netzwerken gekaperter Infrastruktur im Internet der Dinge ausgeführt wurden. Man erinnere sich in diesem Zusammenhang etwa an eine enorm starke DDoS-Attacke auf den IT-Sicherheitsforscher Brian Krebs, die 2016 für Schlagzeilen gesorgt hat. Oder an das Botnetz Mirai, bei dem die zugehörige Schadsoftware vor zwei Jahren Hunderttausende Deutsche vom Internet abgeschnitten hat.
Xiongmai-Kameras unter 100 Marken im Handel
Die schlecht gesicherten Überwachungskameras von Xiongmai zeigen laut SEC Consult nun einmal mehr, dass solche Angriffe jederzeit wieder passieren können. Die Kameras des Herstellers seien schon im Zusammenhang mit dem Mirai-Botnetz immer wieder aufgefallen, schreibt SEC-Sicherheitsforscher Stefan Viehböck in einem Paper zum Thema. Und dass sie weltweit millionenfach im Einsatz sind und unter rund 100 verschiedenen Markennamen verkauft werden, macht die Sache umso brisanter.
Hersteller schloss Lücken bislang nicht
SEC Consult habe Xiongmai vor sieben Monaten erstmals auf die entdeckten Schwachstellen aufmerksam gemacht, heißt es im Bericht der IT-Sicherheitsforscher. Der Hersteller hat bisher allerdings keine einzige der aufgezeigten Sicherheitslücken geschlossen. Von der Verwendung von Xiongmai-Kameras - auch, wenn sie unter anderer Marke verkauft wurden - sei deshalb dringend abzuraten. Wer bereits eine Xiongmai-Kamera im Einsatz hat, sollte zumindest darauf achten, dass das Standardpasswort geändert wird. Andere Schwachstellen bleiben aber offen.
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