Terror-Prozess in Wien

„Er war bis in die Zehenspitzen radikalisiert“

Österreich
04.04.2018 17:07

Er wirkt wie ein höflicher junger Mann. Für den Staatsanwalt aber ist Lorenz K. (19) ein gefährlicher IS-Terrorist. Der nur durch „eine glückliche Fügung des Schicksals“ nicht zum Massenmörder wurde. Weil eine - laut Anklage - von ihm in Auftrag gegebene Bombe nicht zündete, ein Amoklauf mit einem Messer („Operation Österreich“) scheiterte: Prozessauftakt in Wien.

„Radikalisiert bis in die Zehenspitzen“ ist Lorenz K. für den Ankläger. Wobei dieser „dankbar ist, dass wir diesen Prozess führen dürfen“. Denn wären die geplanten Anschläge im Namen des IS auf den Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen und den Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Deutschland nicht fehlgeschlagen, „müssten wir viele Tote beklagen“.

Mit vielen Zitaten aus ausgewerteten Handydaten, Chats, E-Mails und mehr zeichnet der Staatsanwalt den Weg „eines in Österreich geborenen und ganz normal aufwachsenden Jugendlichen zum potenziellen IS-Attentäter“ nach.

Da war der Kontakt zu dem zwölfjährigen Buben, dem Lorenz K. „Mentor“ war. Den er „nahezu drängte“, sich aus dem Internet eine Bombenbastelanleitung („Bau eine Bombe in Mamas Küche“) herunterzuladen. Und sie aus Gründen der „Schadensmaximierung“ auf dem Weihnachtsmarkt explodieren zu lassen. Die Bombe an sich, so Gutachten, wäre funktionstüchtig gewesen - doch da war das technische Unverständnis eines Zwölfjährigen, der geplante Anschlag im November 2016 schlug fehl.

Verschleiertes Mädchen nach islamischen Recht geheiratet
Da war der Kontakt zu einem Mädchen, deren Vater es auffiel, wie sie sich veränderte. Er nahm der Tochter das Handy weg - sie chattete weiter mit dem Handy ihrer besten Freundin Amal. Und verlor diese an Lorenz K. Auch Amal wurde immer radikaler, verschleierte sich, heiratete den damals 17-jährigen Österreicher nach islamischem Recht. Auch die beiden wollten eine Bombe bauen - Deckname Amalia.

„Operation Österreich“
Da war der Kontakt mit dem Deutschen Kevin T., der derzeit in Deutschland auf seinen Prozess wartet. Der vermittelte Lorenz L. zu einem IS-Führer, Mujahid. Diesem leistete der Angeklagte den Treueeid („Baya“) - mittels selbst gedrehtem Handy-Video. Und ließ sich die „Operation Österreich“ - ein Amoklauf mit einem Messer - quasi von hoher IS-Stelle „absegnen“! Dann wurde er in Deutschland verhaftet. Der Vater seiner Frau hatte Alarm geschlagen. Doch - er kam frei. Kurz. Kaum in Österreich, klickten erneut die Handschellen. Seit Juni 2016 sitzt er in U-Haft.

Jetzt, vor Gericht, will er seine Geschichte erzählen. Nicht das „Gebrabbel eines Jugendlichen“, wie sein Anwalt sagt, für den „die Anschlagspläne Hirngespinste“ sind. Bomben? Pah, „bessere Feuerwerkskörper“! Die Operation Österreich? Ein Schmäh für den IS-Führer, damit der das Interesse an ihm verliert. Und noch mehr will Lorenz K. erzählen, warum er im Islam sein Heil zu finden glaubte. Weil er sich im Stich gelassen fühlte, vom Staat, von der Justiz.

Ein Urteil wird am 12. April erwartet.

Kronen Zeitung

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