Bonner Amok-Alarm

“Ich will meine Mitschüler weinen sehen”

Ausland
12.05.2009 17:17
Nach dem vereitelten Brandanschlag auf ein Gymnasium bei Bonn hat sich die tatverdächtige 16-Jährige der Polizei gestellt. Gegen die Schülerin werde Haftbefehl unter anderem wegen Mordversuchs beantragt, teilten die Ermittler am Dienstag mit. Neben zehn offenbar mit Brandbeschleuniger gefüllten Flaschen am Tatort fanden Beamte im Zimmer des Mädchens eine selbstgebastelte Bombe auf Basis eines Feuerlöschers.

Die Montag früh zunächst vom Gelände des Albert-Einstein-Gymnasiums in Sankt Augustin geflohene Schülerin stellte sich nach Angaben der Bonner Staatsanwaltschaft am Montagabend gegen 23 Uhr der Bundespolizei im Kölner Hauptbahnhof. Sie wurde am Dienstagnachmittag von Kölner Polizeibeamten vernommen. Da das Mädchen möglicherweise selbstmordgefährdet ist, wird es im Klinikum Köln-Holweide von Ärzten und Psychologen betreut und rund um die Uhr videoüberwacht, berichtete der Kölner "Express" in seiner Online-Ausgabe.

Laut Staatsanwaltschaft steht die 16-Jährige im Verdacht, eine Sprengstoffexplosion vorbereitet zu haben. Den Antrag auf Haftbefehl wollten die Strafverfolger nach Abschluss der Vernehmungen stellen. Nach Informationen des "Express" soll die Schülerin einen Abschiedsbrief hinterlassen haben, in dem es heißt: "Ich will erst meine Mitschüler weinen sehen, dann scheide ich aus dem Leben."

Ärzte nähen Daumen von Mitschülerin wieder an
Das Mädchen hatte nach Angaben der Ermittler am Montag einen Rucksack mit zehn Molotow-Cocktails mit zu dem Gymnasium gebracht und wurde womöglich nur durch das Zusammentreffen mit einer 17-jährigen Mitschülerin auf der Toilette von der Tat abgehalten. Vor ihrer Flucht fügte die 16-Jährige ihrer Mitschülerin mit einem Messer schwere Verletzungen an Arm und Hand zu. Dabei wurde ein Daumen abgetrennt, der dem Opfer den Ermittler zufolge unterdessen in einer Klinik wieder angenäht werden konnte. Die 17-Jährige war zunächst nicht vernehmungsfähig.

Der im Zimmer der Verdächtigen gefundene Feuerlöscher sei mit "entzündbaren Materialien" gefüllt gewesen, bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft einen Bericht von "Focus"-Online. Nach Informationen des Magazins verschaffte sich die 16-Jährige die Anleitungen für die Herstellung des voll funktionsfähigen Sprengsatzes vermutlich im Internet. Die Schülerin sei offenbar von einem unbändigen Hass auf ihre Umwelt getrieben worden, hieß es weiter in dem Bericht. Ersten Ermittlungen zufolge habe sie schwer unter der Trennung ihrer Eltern gelitten. Ermittlern zufolge habe das Mädchen bereits in der Grundschule einen Selbstmordversuch unternommen.

Experte wusste von Problemen, sah aber keine Gefahr
Nach Angaben der Schulleitung gab es bereits in den vergangenen Tagen Hinweise auf ein auffälliges Verhalten der 16-Jährigen, die Berichten zufolge eine sehr gute Schülerin sein soll. Ein daraufhin zu Rate gezogener Experte der Bezirksregierung habe jedoch die "eindeutige Aussage" getroffen, dass eine Fremdgefährdung nicht vorliege, sagte die Leiterin des Gymnasiums, Anne-Marie Wähner, in Sankt Augustin. Auch Gespräche mit Bezugspersonen des Mädchens hätten zu der Einschätzung geführt, "dass eher eine Selbstgefährdung und weniger eine Fremdgefährdung" gegeben gewesen sei.

Nordrhein-Westfalens Schulministerin Barbara Sommer lobte unterdessen ausdrücklich das Verhalten der Schulleitung, die nach Bekanntwerden der Amok-Gerüchte nach einem entsprechenden Notfall-Leitfaden gehandelt und nach der Flucht der 16-Jährigen Amokalarm ausgelöst hatte. Die Beteiligten in Sankt Augustin hätten genau das getan, "was in einer solchen Situation angemessen war", sagte Sommer.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.

Kostenlose Spiele