"Beamte in Furcht"

Justizwache fürchtet Bruder von Mona S.

Wien
01.11.2008 11:59
Um den Bruder der Terrorverdächtigen Mona S. hat sich in Wien eine seltsam anmutende Justizposse zusammengebraut. Wiener Gefängniswärter haben Anzeige gegen den 19-Jährigen erstattet und den Burschen vor Gericht gebracht. Der Grund: Die Justizwache fürchtet sich vor dem kleinen Bruder von Mona S., die sich in zwei Wochen in einem zweiten Rechtsgang im Wiener Straflandesgericht gemeinsam mit ihrem Mann Mohamed M. wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung zu verantworten haben wird. Der 19-jährige Bursch saß schon am Freitag auf der Anklagebank, der Vorwurf lautet auf gefährliche Drohung. Er soll bei einem Häftlingsbesuch einen Justizwachebeamten „in Furcht und Unruhe“ versetzt haben.

Gemeinsam mit seinen zwei Brüdern und dem Vater von Mohamed M. stattete der Jugendliche am 25. März 2008 dem Ehepaar, das der Al Kaida angehört haben soll, einen Besuch ab. Weil der Vater von Mohamed M. kaum Deutsch spricht, unterhielt sich dieser mit dem Terrorverdächtigen auf Arabisch - eine entsprechende gerichtliche Genehmigung lag vor, Gesprächsüberwachung gab es zu diesem Zeitpunkt auch keine mehr.

Dennoch soll ein Justizwachebeamter mit den Worten „Heast, redet's Deutsch!“ Vater und Sohn dazu angehalten haben, sich für ihn verständlich zu unterhalten. Die Begleiter des älteren Mannes verwiesen auf die richterliche Erlaubnis, worauf ein Wort das andere gab und die Justizwache den Besuch schließlich abbrach, indem Mohamed M. auf nicht gerade sanfte Art von einem halben Dutzend Uniformierter aus dem Raum geschafft wurde.

Zwei Kollegen sagten aus Angst nicht aus
Als der Bruder von Mona S. auf dem Gang jenem Beamten begegnete, der das veranlasst und Verstärkung angefordert hatte, soll er diesem laut Strafantrag zugezischt haben, er möge „aufpassen, wenn er nach Hause geht“. Er werde sich nämlich „sein Gesicht merken“, der Beamte werde „die Strafe schon spüren“. Der Gefängniswärter erstattete daraufhin Anzeige.

Zwei seiner beteiligten Kollegen ließen dem Gericht ausrichten, sie wären nicht bereit, in dem Verfahren auszusagen, weil auch sie Angst hätten. Der Anzeiger selbst wurde aus unerfindlichen Gründen vom Staatsanwalt nicht als Zeuge beantragt. Offenbar hält es die Anklagebehörde für nicht nötig, die behauptete Angst des angeblichen Opfers näher „abzuklopfen“ und im Rahmen einer gerichtlichen Einvernahme zu hinterfragen.

„Ich hab' mich bedroht gefühlt, ehrlich gesagt!“
Dafür zögerte sie nicht, den jungen Mann, der im ersten Semester Pharmazie studiert, anzuklagen. Der kleingewachsene, zierliche, beinahe noch kindlich wirkende 19-Jährige bringt offenbar gestandene Wachorgane zum Zittern. Verteidiger Lennart Binder bemerkte Kopf schüttelnd: „Die Anklage ist völlig falsch. Mehr ist dazu nicht zu sagen.“ Der Angeklagte selbst betonte, er habe nichts Böses gesagt: „Ich hab' mich bedroht gefühlt, ehrlich gesagt!“

Er und seine Brüder hätten bei der Justizwache hinterfragt, weshalb der Besuch bei Mohamed M. abgebrochen wurde, weil ihrer Ansicht nach dafür kein Grund vorlag. Sie hätten auch angekündigt, sich darüber offiziell beschweren zu wollen. Er werte die gegen ihn gerichtete Anzeige daher als Racheakt, sagte der jüngere Bruder von Mona S. in seiner Einvernahme: „Der Wachebeamte wollte uns eins auswischen.“

Im konkreten Fall dürften sich die Beamten weniger vor dem 19-Jährigen fürchten, sondern vor den Familien von Mohamed M. und Mona S. an sich, wie Richterin Beate Matschnig am Rand der Verhandlung durchblicken ließ. Der jüngere Bruder der 22-Jährigen hielt dagegen: „Wir sind Studenten und Schüler! Mein Vater ist krank! Er kann nicht einmal gut gehen!“ Der Vater von Mohamed M. liege nach einem Herzinfarkt im Spital, betonte der 19-Jährige.

Verhandlung auf Ende November vertagt
Helene Pigl, die Leiterin der Justizanstalt Josefstadt, wollte das Bedrohungsszenario, das zur Anzeige gegen den 19-Jährigen geführt hatte, mit dem Hinweis auf das laufende Strafverfahren nicht kommentieren. Sie verwies grundsätzlich darauf, dass ihr Personal immer wieder von Insassen oder Besuchern bedroht werde. Ob Tatbestandsmäßigkeit gegeben sei, hätten in diesen Fällen die Gerichte zu beurteilen. Zur Einvernahme weiterer Zeugen - unter ihnen befinden sich nun doch auch der Uniformierte, der die Anzeige eingebracht hatte - wurde die Verhandlung auf Ende November vertagt.

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