Koalition perfekt

Horst Seehofer zum CSU-Chef gewählt

Ausland
25.10.2008 16:20
Der neue CSU-Chef Horst Seehofer zieht mit einem klaren Vertrauensbeweis seiner Partei in den Kampf um die Rückkehr zur alten Stärke in Bayern und Berlin. Vier Wochen nach dem Desaster der CSU bei der Landtagswahl wählte ein Sonderparteitag den designierten bayerischen Ministerpräsidenten am Samstag in München zum Nachfolger von Erwin Huber. Er erhielt 786 von 870 gültigen Stimmen, das sind 90,3 Prozent. 84 Delegierte stimmten mit Nein. Am Montag soll er auch zum Ministerpräsidenten gewählt werden, womit die Doppelspitze der CSU ein Ende hat.

SPD-Chef Franz Müntefering kritisierte die geplante Wahl Horst Seehofers zum Ministerpräsidenten. Der Vorgang sei "unter demokratie-theoretischen Gesichtspunkten grenzwertig", weil Seehofer bei der Landtagswahl gar nicht zur Wahl gestanden habe.

Seehofer beschwor einen neuen Kampfgeist und eine harte Gangart gegen die CDU. "Wir sind ein Kraftpaket als CSU", rief er. "Mein Arbeitsplatz ist künftig möglicherweise München. Aber meine Kampfkraft wird sich auch auf Berlin erstrecken." In der Parteiführung und an der Basis machte sich massiver Ärger über eine mangelnde Wahlkampf-Unterstützung durch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und die von ihr geführte CDU Luft. Bei der Erbschaftsteuer-Reform etwa werde die CSU ihren harten Kurs gegen CDU und SPD fortsetzen.

Mit überwältigender Mehrheit und nur vereinzelten Gegenstimmen nahmen die Delegierten den Koalitionsvertrag mit der FDP an. Die CSU ist erstmals seit 46 Jahren wieder auf einen Regierungspartner angewiesen. CSU und FDP hatten sich erst am Freitagabend auf den Koalitionsvertrag geeinigt. Die Verhandlungen waren wegen der Milliarden-Krise bei der Bayerischen Landesbank für mehrere Tage unterbrochen worden. Seehofer sagte, Koalitionen müssten in Bayern ein einmaliges Ereignis bleiben. Ziel sei, die Alleinherrschaft zurückzuerobern. Seehofer soll am Montag im Landtag zum Nachfolger von Ministerpräsident Günther Beckstein gewählt werden.

Bei der Abstimmung über den Parteivorsitz verzichteten 55 der insgesamt 939 Delegierten auf die Abgabe ihres Stimmzettels. 14 Stimmen waren zudem ungültig. Gerechnet auf die Gesamtzahl der Delegierten wäre Seehofer demnach nur auf knapp 84 Prozent gekommen. Zu seinem Nachfolger als Parteivize wurde der CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, Peter Ramsauer, gewählt. Er bekam 529 Ja-Stimmen, 255 Delegierte stimmten gegen ihn.

Seehofer sieht sich vor einer Mammutaufgabe. Vor ihm liege wohl das schwierigste Jahr, das er in seiner politischen Laufbahn zu bewältigen habe, sagte er am Rande des Parteitags. "Es geht jetzt Schlag auf Schlag", betonte er mit Blick auf die Europa- und die Bundestagswahl 2009. Er forderte mehr Volksnähe von der CDU. In vielen Fällen habe sie sich nicht mehr "in den sozialen Milieus" bewegt und nicht die Nähe zu den Menschen gesucht. Den Koalitionsvertrag mit der FDP wertete Seehofer als Erfolg, bei dem sich die CSU in Kernpositionen durchgesetzt habe. Dennoch kam bei dem Parteitag Kritik der Basis auf, die CSU habe zu viele Zugeständnisse an die FDP gemacht.

Während der bisherige deutsche Landwirtschaftsminister und frischgebackene CSU-Chef als Ministerpräsident von Berlin nach München wechselt, will die bayerische FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger keinen Ministerposten im Kabinett des designierten bayerischen Ministerpräsidenten übernehmen. "Ich bleibe in Berlin", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag-Ausgabe). Leutheusser-Schnarrenberger, die in den 90er Jahren deutsche Justizministerin war, sitzt für ihre Partei im Bundestag. In der neuen Landesregierung soll die FDP das Wirtschafts- und das Wissenschaftsressort übernehmen.

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