Rettungsaktionen

Finanzkrise wütet nun auch in Europa

Ausland
30.09.2008 20:48
In der internationalen Finanzkrise zeichnen sich nun auch in Europa Rettungsaktionen, Notübernahmen und Verstaatlichungen angeschlagener Banken ab. Der ins Wanken geratene Münchner Immobilien- und Staatsfinanzierer Hypo Real Estate muss von anderen Banken gestützt werden. Die Regierungen Belgiens, der Niederlande und Luxemburgs sagten dem belgisch-niederländischen Finanzkonzern Fortis 11,2 Milliarden Euro zu. Die angeschlagene Londoner Hypothekenbank Bradford & Bingley wird Filialnetz und Sparkonten an die spanische Gruppe Santander verkaufen, die mit großen Risiken behafteten Geschäfte der Bank übernimmt der Staat. In den USA bahnte sich der Notverkauf der wegen fauler Immobilienkredite in Schieflage geratenen Bank Wachovia an.

Ein Gruppe deutscher Finanzinstitute stelle der Hypo Real Estate und ihren Töchtern, darunter der Staatsfinanzierer Depfa, kurz- und mittelfristige Kreditlinien in "ausreichender Höhe" zur Verfügung, teilte das Münchner Geldhaus in der Nacht auf Montag mit.

Zuvor war aus Finanzkreisen bekannt geworden, dass der im DAX notierte Konzern mit ernsten Refinanzierungsproblemen kämpft und eine Ausfallbürgschaft in niedriger zweistelliger Milliardenhöhe nötig sei. Die "Financial Times Deutschland" hatte sogar berichtet, dem Münchner Immobilienfinanzierer drohe wegen massiver Liquiditätsprobleme der Kollaps.

Finanzkonzern Fortis wird teilweise verstaatlicht
Zum Fall Fortis erklärte der belgische Ministerpräsident Yves Leterme am Sonntagabend, der Banken- und Versicherungsriese werde teilweise verstaatlicht. Wegen der Krise war EZB-Direktor Jean-Claude Trichet in Brüssel mit EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes und den belgischen und niederländischen Finanzministern sowie den Notenbankchefs beider Länder zusammengetroffen. Fortis wird nach Angaben Letermes dazu gezwungen, seinen Anteil an der niederländischen Bank ABN Amro abzustoßen, die der Konzern erst im vergangenen Jahr in einem teuren Bieterwettstreit erworben hatte. Seit Jahresbeginn hat die Aktie des Konzerns fast drei Viertel ihres Wertes verloren.

B&B-Verbindlichkeiten von 63 Milliarden Euro
Die angeschlagene britische Hypothekenbank Bradford & Bingley (B&B) wird zerschlagen und zum Teil verstaatlicht. Um einen Zusammenbruch zu vermeiden, soll nach einhelligen Medieninformationen der Steuerzahler für B&B-Verbindlichkeiten in Höhe von 63 Milliarden Euro geradestehen, davon 52 Milliarden aus risikoreichen Hypotheken. Der spanische Bankenriese Santander bestätigte, dass er die Spargeschäfte und das Filialnetz des Baufinanzierers übernimmt. Die Aktie der Bank war von 300 Pence zu Jahresbeginn auf 20 Pence am Freitag gefallen.

Notübernahme der US-Regionalbank Wachovia
Die Zeitung "New York Times" berichtete auf ihrer Webseite, dass die Citigroup und Wells Fargo & Co an einer Notübernahme der US-Regionalbank Wachovia interessiert seien, deren Aktien am Freitag um 42 Prozent abgestürzt waren. Das "Wall Street Journal" bezeichnete auch Santander als Interessenten. Wachovia-Sprecherin Christy Phillips-Brown wollte sich zu den Berichten nicht äußern. Wachovia hatte 2006 auf der Höhe des Immobilienbooms für 25 Milliarden Dollar die Hypothekenbank Golden West Financial Corp. gekauft. Damit übernahm sie auch ein 122 Milliarden Dollar schweres Portfolio inzwischen fauler Kredite.

Druck auf Euro und Pfund in Fernost
Wegen der Ausweitung der Bankenkrise auf europäische Institute haben Euro und Pfund zum Wochenauftakt im fernöstlichen Devisenhandel deutlich nachgegeben. Der Dollar profitierte am Montag zudem von der Einigung im US-Kongress auf ein 700 Milliarden schweres Hilfspaket für die angeschlagene Finanzbranche. Der Euro litt unter der Notaktion für Fortis, die britische Währung wurde wegen B&B geschwächt. "Die beiden Fälle zeigen, dass die Finanzkrise nicht auf die USA begrenzt ist, sondern weltweit um sich greift", sagte ein japanischer Devisenhändler. "Da die USA mit ihrem Hilfspaket vorankommen, schaut der Markt nun auf Europa und andere Regionen."

Die europäische Gemeinschaftswährung verbilligte sich zum Dollar um 0,8 Prozent auf 1,4496 Dollar. Das Pfund gab sogar 0,9 Prozent auf 1,8280 Dollar ab. Der Dollar kletterte im Vormittagshandel dagegen zum Yen um 0,5 Prozent auf 106,55 Yen. Der Euro verlor gegenüber der japanischen Währung 0,2 Prozent auf 154,50 Yen.

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